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3.13. Das Weihnachtsfest in Salzburger Tageszeitungen 2. Das Zeitungswesen während des Ersten Weltkriegs (Falko Feitzinger)

3.13.1. Kurztext

3.13.1.1. Das Zeitungswesen während des Ersten Weltkriegs

Für die Zeit des Ersten Weltkriegs wurden drei Salzburger Tageszeitungen – die sozialdemokratische „Salzburger Wacht“, die klerikale „Salzburger Chronik“ und das bürgerlich-nationale „Salzburger Volksblatt“ – untersucht. Dafür dienten Fragen nach dem Einfluss der zeitungsspezifischen Ausrichtung auf die Darstellung des Weihnachtsfestes, der Behandlung des Kriegs, dem nationalen Bewusstsein („der Feind“) und dem Vorhandensein von Werbung für Geschenke als Orientierung.

Es hat sich herausgestellt, dass das Weihnachtsfest in den drei Tageszeitungen auf sehr unterschiedliche Weise verstanden und gestaltet wurde. Besonders parteispezifisch geht die sozialistische „Wacht“ mit dem Christfest um. In „Chronik“ und „Volksblatt“ finden sich sowohl Geschichten über vergangene Weihnachten als auch Anleitungen für die Familienfeier, Rezepte für weihnachtliche Mahlzeiten und Gebäck sowie Anregungen für den Kauf von Weihnachtsgeschenken. Auch im Ersten Weltkrieg bleibt der bürgerliche Aspekt von Weihnachten als dem Fest familiärer Geborgenheit und Häuslichkeit erhalten.

Mit Ausnahme der „Wacht“ werden Arzneimittel, Bücher/Kinofilme, Spielzeug, Textilien, Nahrungsmittel beworben. In allen drei Druckerzeugnissen wird zwar gegen Ende des Kriegs die „Friedenssehnsucht“ lauter und besonders an das Christfest gekoppelt, doch in der „Wacht“, die seit Anbeginn einen Frieden herbeizuschreiben versucht, fällt dies besonders ins Auge.

3.13.2. Langtext

3.13.2.1. Zeitungen als Quelle

Zeitungen als Quelle verwendet, führen uns mit einer Fülle von Details sowohl in die politischen Entwicklungen wie auch in das Tagesgeschehen und den Alltag der Untersuchungszeiträume. Die Arbeit mit Zeitungen erfordert einerseits Geduld – denn erst aus der Fülle des Materials lässt sich ein Eindruck gewinnen – und andererseits das Wissen um die politische Ausrichtung und die Zielgruppe des jeweiligen Mediums. Daher werden die als Quellen verwendeten Zeitungen eingangs kurz vorgestellt, um den daraus entnommenen Inhalten die entsprechende Folie zu geben. Diese gemeinsam mit Alexandra Huber verfasste Darstellung findet sich auch bei deren Artikel über das Weihnachtsfest in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

3.13.2.1.1. Die „Salzburger Wacht“

Die „Salzburger Wacht“ wurde 1899 als Kampfblatt der Sozialistischen Partei gegründet, deren vorderstes Ziel es war „[...] für die politische Aufklärung und Bildung der Massen zu sorgen, [...]“, „[...] denn der größte Feind der Arbeiterschaft ist der Unverstand.“ Daher deklarierte sie auch ihr Ziel: „Dass die Salzburger Wacht die bürgerlichen Parteien aller Schattierungen mit der größten Energie bekämpfen und zur Beseitigung der heutigen Gesellschaftsordnung ihr Scherflein beitragen wird, ist selbstverständlich und besonders die clericale Hochburg wird unter ihren Anstürmen am meisten zu leiden haben.“ Als sozialdemokratisches Organ trat sie für die Interessen der Arbeiterschaft und deutlich gegen die Kirche auf. Dieses Ansinnen bescherte ihr des Öfteren Probleme mit der Zensur; etliche Ausgaben wurden beschlagnahmt.

3.13.2.1.2. Die „Salzburger Chronik“

Die „Salzburger Chronik“ wurde 1865 von Johann Zimmermann, dem ersten Regens des Salzburger Priesterseminars als katholisch-konservative Zeitung gegründet. Unter dem Wahlspruch „Mit Gott für unsern Glauben, Für Kaiser, Volk und Land!“ versprechen die Herausgeber der „Chronik“ anfänglich, dass es „[...] nicht [unsere] Absicht ist [...] je mit Bewusstsein einem schmutzigen oder sittlich schlechtem Ziele zu dienen [...]. Nicht meine Absicht ist, die unwandelbaren Prinzipien meiner heiligen katholischen Religion den wetterwenderischen Launen des Zeitgeistes, und die Autorität der göttlichen Offenbarung und Kirche der blinden Willkür menschlicher Weisheit und Leidenschaft zu akkomodiren [...]“.

3.13.2.1.3. Das „Salzburger Volksblatt“

Das seit 1870 existierende „Volksblatt“, welches die Bürger als Leserklientel anstrebte und dessen Erscheinen von der liberalen Partei sehr begrüßt und unterstützt wurde, kündigte als seine Maxime an: „[...] wir [werden] unerschütterlich einstehen für Fortschritt und wahre Freiheit; mit unermüdlichem Eifer werden wir für die Verbreitung zeitgemäßer Anschauungen unter dem Volke wirken.“ Und zudem „[...] werden wir den verfassungstreuen deutschen Standpunkt auch fürderhin mutig vertreten und den Anfeindungen unserer Gegner zwar mit Würde, aber energisch begegnen.“

3.13.2.2. Das Weihnachtsfest im Spiegel von Salzburger Tageszeitungen während des Ersten Weltkriegs

Für die Zeit des Ersten Weltkriegs (in diesem Fall von 1914 bis einschließlich 1917) wurden die genannten drei Salzburger Tageszeitungen – die sozialdemokratische „Salzburger Wacht“, die klerikale „Salzburger Chronik“ und das bürgerlich-nationale „Salzburger Volksblatt“ – untersucht und miteinander verglichen. Das Ziel war, etwaige Unterschiede zwischen diesen Zeitungen aus verschiedenen gesellschaftlichen Lagern in Bezug auf ihren Umgang mit dem Weihnachtsfest in Artikeln, Stellungnahmen und dergleichen herauszuarbeiten und in Vergleich zu setzen.

3.13.2.2.1. Dafür wurden folgende Fragen bei allen drei Zeitungen berücksichtigt:

  • Kommt die jeweils zeitungsspezifische Ausrichtung im Umgang mit einem scheinbar „neutralen“ Fest zum Ausdruck und auf welche Weise geschieht dies?

  • Wie wird der Krieg in Artikeln und Kolumnen, die das Weihnachtsfest zum Thema haben, reflektiert?

  • Wie wichtig ist in dieser Zeit nationales Bewusstsein? Wird „der Feind“ thematisiert?

  • Inwieweit verändert sich die Stimmung während der Kriegsjahre? Ändert sie sich überhaupt?

  • Verändert sich die Ideologie des Festes? Werden gewisse Aspekte schwerer gewichtet?

  • Soll der Schein des „Festes des Friedens“ aufrechterhalten werden? Wie schwer wiegt eine etwaige „Friedenssehnsucht“?

  • Werden Geschenke beworben? Welcher Art sind diese und gibt es in Zeiten eines Krieges so etwas wie eine „Objekt- oder Produktkultur“? Was soll/kann geschenkt werden?

  • Gibt es Ratschläge/Anweisungen, wie gefeiert werden soll?

3.13.2.2.2. Die „Salzburger Wacht“

Die ursprüngliche Intention der „Salzburger Wacht“, gegen die Kirche und für die Interessen der Arbeiterschaft aufzutreten, glich eher einer wüsten Kampfparole und lässt die Frage, wie mit dem Weihnachtsfest in diesem Blatt umgegangen wird, besonders spannend erscheinen. Daher gleich vorweg: Auf den Seiten der „Wacht“ fanden sich mit Abstand am wenigsten Anspielungen, Verweise oder gar direkte Bezugnahmen zum Heiligen Abend. Mit Ausnahme der Weihnachtsausgabe des ersten Kriegsjahres taucht das Thema Weihnacht im Schnitt nur fünf bis sechs Mal im jeweiligen Beobachtungszeitraum auf.

3.13.2.2.2.1. Friedenssehnsucht im Krieg

Die Sehnsucht nach Frieden ist in jenen Artikeln allgegenwärtig. Mit spitzer Feder wird da am 23. Dezember 1914 die Frage gestellt, wie sich denn ein Christ im Feld zu verhalten habe. Der „Wacht“ „[...] will nämlich die Lösung dieser Frage durchaus nicht gelingen“. Sie mutmaßt zwar, dass „[...] eine wahrhaft christliche Gesinnung und eine Kriegsbegeisterung, die vom bestialischen Blutdurst kaum zu unterscheiden ist, miteinander nicht in Einklang zu bringen sind“, beantwortet sich aber die Frage mit kaum zu überbietendem Sarkasmus damit, dass sie „[...] im Blutrausch nicht [wissen], daß sie die große Lebenslüge der sonst zur Schau getragenen Christenheit selber vor aller Welt einbekennen, wenn sie nicht einmal zugeben, daß die große Menschenschlacht wenigstens am höchsten Festtage der Christenheit, der nur der Liebe und dem Wohltun gewidmet sein soll, zum Ruhen gebracht wird“.

3.13.2.2.2.2. Krieg und Zweifel an der Religion

Am 25. Dezember 1915 wird festgestellt: „Noch nie haben wir so notwendig den Heiland und Erlöser gebraucht, aber er will sich nicht einstellen.“ Das herrschende Problem wird folgendermaßen thematisiert: „Es war einmal [...] wie ein Märchen aus uralter Zeit klingt heute die christliche Erlöserlegende [...] es wäre so schön, wenn einmal wirklich Friede und Wohlgefallen auf die Erde käme; heute aber ist Kreuz und Leid und Sorge.“ Am 24. Dezember 1916 scheint bereits ein baldiges Ende der Kämpfe in Aussicht, da „[...] kein Weihnachtsfest [...] jemals so unter der Stimmung gestanden [hat], daß Friede werden soll auf Erden. Noch donnern die Kanonen, noch färbt sich das Gletschereis und der weiße Schnee mit warmem Menschenblut, noch verschanzen sich Staatsmänner hinter dem Schein unerschütterter Entschlossenheit, den Krieg weiterzuführen bis zur völligen Ausblutung Europas. Aber alle Welt weiß, und auch diejenigen, die weiter Krieg führen wollen, wissen es, daß der Haß im Vergehen und der vielgelästerte Friede im Erstarken begriffen sind.“

3.13.2.2.2.3. Krieg, Sozialismus, Armut

Der Begriff „Weihnacht“ wird in der „Salzburger Wacht“ nur äußerst spärlich verwendet; die Artikel und Gedichte haben fast nie das Christfest per se zum Inhalt, sondern es wird zumeist auf die großen Zusammenhänge, das grausame Morden, die Janusköpfigkeit der Christen und die Uneinsichtigkeit der Staatsmänner verwiesen. Alljährlich erscheint der deutliche Wunsch nach „Endlich Frieden!“, „Friede auf Erden!“ und „Friede den Menschen auf Erden!“ in den Überschriften einiger Artikel und Kommentare. Annoncen und Werbungen fehlen nahezu gänzlich, nur in den Ausgaben des ersten Kriegsjahres steht dafür noch etwas Platz zur Verfügung. Die allgemeinen Versorgungsprobleme und Nöte des Krieges haben offenbar die Situation der Zielgruppe vielfach verschärft.

3.13.2.2.3. Die „Salzburger Chronik“
3.13.2.2.3.1. Christfest als Friedensfest

Wie wird in einer klerikalen Zeitung, die „[...] für Wahrheit und Recht, für den Altar und Thron [kämpft]“ der Heilige Abend in Zeiten eines Weltkriegs thematisiert? Nicht anders als erwartet, befasst sich um die Weihnachtszeit ein Großteil der „Salzburger Chronik“ mit dem Fest. Vielerlei Gedichte, Geschichten, Kommentare geistlicher Herren ebenso wie die Tagesartikel haben das Christfest zum Inhalt. Verbindungen zum Weltkrieg kommen in alljährlich wiederkehrenden Geschichten, wie z. B. „Weihnachten im Schützengraben“, vor.

3.13.2.2.3.2. Gott und Vaterland

Der Grundtenor, der in allen relevanten Jahren beibehalten wird, kommt in einem Kommentar mit dem Titel „Dem Frieden entgegen“ von 1914 deutlich zum Ausdruck: „Der Engelsgruß ‚Friede den Menschen auf Erden‘ enthält freilich einen wichtigen Zusatz‚[...] den Menschen, die guten Willens sind.‘ Die Friedensfrucht ist noch nicht reif geworden, weil es unseren Feinden an Friedenswillen fehlt. Vielleicht ist es wirklich notwendig, daß der Krieg noch größere Schrecken zeitige, als bisher, vielleicht müssen wir den Kampf bis zur völligen Niederwerfung unserer Gegner führen, ehe sie zur Einsicht unseres Rechts und ihres Unrechts gelangen.“ In diesen vaterländischen Tendenzen erscheint die eigene Sichtweise immer von Gott und der Heiligen Schrift als gerechte Sache sanktioniert.

3.13.2.2.3.3. Weihnachtsfest und Ambiente

Neben den kriegsbezogenen Artikeln wird auch über Weihnachtsschmuck und Weihnachtsbäckereien, über die religiösen Volkslieder zur Weihnachtszeit und den korrekten Ablauf des Weihnachtsabends innerhalb der Familie informiert sowie darüber berichtet, wie andere Nationen das Fest begehen. Der bürgerliche Aspekt des Weihnachtsfestes mit seinen Säulen – Rituale, Religion und hausfrauliche Tugenden – tritt darin hervor. In der „Bücherschau“ werden empfehlenswerte Bücher (u. a. auch Kriegsbücher und Kriegsgeschichten), die es zu schenken und zu lesen gilt, angepriesen. Auch die aktuelle Stellungnahme des Papstes zum Krieg ist jedes Jahr ein Fixum in der Weihnachtsausgabe.

3.13.2.2.3.4. Politik und Kirche

Auf den ersten drei Seiten der „Chronik“ vom 24. Dezember des Jahres 1916 prangt ein Weihnachtshirtenbrief der Bischöfe Österreichs, in dem die Christgläubigen dazu aufgerufen werden, auszuharren und auf Gott zu vertrauen. Die Wirrnisse und Prüfungen des Krieges werden mit Bibelstellen unterlegt, verglichen und durch sie gerechtfertigt. Die bedeutende Rolle der Lehrmeinungen der Kirche für das Zielpublikum wird darin deutlich.

3.13.2.2.3.5. Christbaum und Nationalismus

Einige Seiten später wird der Unterschied im familiären Beisammensein am Weihnachtsabend zwischen Deutschen und Franzosen zur Austragung nationaler Spannungen instrumentalisiert: „Die höheren Klassen in Frankreich fangen jetzt zwar an, sich den deutschen Weihnachtsbaum zu verschreiben, aber deutsche Weihnachten verschreiben sie sich damit noch lange nicht. Sie pflanzen den grünen Tannenbaum in den Salon, wir aber pflanzen ihn in das Kinderzimmer, in das innerste Familienheiligtum des Hauses. Dann erst könnte dieser Baum bei den Franzosen Wurzel fassen, wenn sie sich vorher auch den Boden des deutschen Familienlebens hinübergeholt hätten.“ An anderer Stelle wird, historistisch und großdeutsch geprägt, Weihnachten zum Inbegriff deutscher Kultur stilisiert: nämlich, dass „Weihnachten das deutsche Fest schlechthin [ist]. Alles Hohe und Heilige, alles Schöne und Zarte, was deutscher Glauben, deutsches Gemüt und deutsche Kunst empfunden und erschaut haben, ist mit verklärendem Schimmer um diese Feier gebreitet.“

3.13.2.2.3.6. Geschenke und Karitativität

Annoncen und Anzeigen für diverse Geschenke finden sich in jedem Jahr, wobei man keinen Schwerpunkt auf bestimmte Güter legen könnte. Spendenaufrufe, besonders für die Salzburger Waisen – eine sowohl historische Tradition des christlichen Weihnachtsfestes wie auch bürgerlicher Aspekt desselben seit dem 19. Jahrhundert –, werden ebenso eingeschaltet wie Berichte diverser Weihnachtsfeiern in Krankenhäusern und die kriegsalltägliche Gefallenenliste.

3.13.2.2.4. Das „Salzburger Volksblatt“
3.13.2.2.4.1. Nationalismus, Hass und Rache

Im bürgerlich-nationalen „Volksblatt“ wird nicht lange um den heißen Brei geredet, sondern, wie zum Beispiel am 25. Dezember 1914, gleich zur Sache gekommen: „[...] wir wünschen uns mit einem großen Teil der Welt nichts sehnlicher, als dass England mit seiner ganzen Art eine grenzenlose Niederlage erlebt.“ Denn, so folgt die Begründung: „[...] wenn ein Volksstamm von einer feindlichen Volksmasse angefallen wird, um ihn auszutilgen, [...], so ist sie es wert, ausgerottet zu werden.“ Die aggressive und wertende Sprache ist deutlich genug. Das Christfest wird zum zeitlich passenden Hintergrund instrumentalisiert, vor dem die nationalen Differenzen zur Sprache gebracht und ausgetragen werden können. Die elementaren Unterschiede zu den Feinden werden häufig thematisiert, der Gegner gilt besonders zur Weihnachtszeit als blutdurstig und hinterhältig, wogegen es über das Volk, zu dem die Leser des Blattes zählen, heißt, dass „[...] der Krieg erst so recht unsere angeborene und angezüchtete Friedlichkeit [offenbart]“.

3.13.2.2.4.2. Verfestigte Feindbilder

In scharf-bösartiger Formulierung äußert sich das Blatt über die „Weihnacht bei unseren Feinden“, den „rachedurstigen Franzosen“, den „tückischen Russen“ und den „neidvollen, mißgünstigen und verlogenen Engländer[n]“. Die historische „Beschreibung der Völker und ihrer Eigenschaften“ im Österreichischen Volkskundemuseum lebt in allen Klischees verfestigt darin weiter. Die liberale Grundstimmung, von der die Zeitung in den ersten Jahren erfüllt war, hat sich im Krieg in hasserfüllten Nationalismus verkehrt. Erst 1917 erscheinen die Formulierungen abgeschwächt und der gemeinsame Wunsch aller Völker nach baldigem Frieden wird offener als zuvor thematisiert.

3.13.2.2.4.3. Kriegsbecher und Kriegsspielzeug

Etliche Annoncen finden sich zwar in allen Ausgaben, doch nimmt ihre Zahl gegen Kriegsende hin deutlich ab. Die Inhalte sind auf den Krieg bezogen bzw. kriegsbedingt. Im Angebot finden sich neben den schmucken „Kriegsbechern“, die als das Weihnachtsgeschenk im jeweiligen Kriegsjahr angeboten werden, zeit- und themengemäße Literaturtipps (vornehmlich Kriegsbücher). Denjenigen, die zu jung sind, um selber ins Feld zu ziehen, wird mit den neuesten Kriegsspielen, wie „wirklich schießende[n] Soldaten“ oder „Deutschen Fliegerbomben“ die Bedeutsamkeit des Krieges spielerisch eingedrillt. Natürlich werden aber auch – die knapp gewordenen – praktischen Alltagsgüter aller Art, wie Kleidung, Nahrungsmittel und vieles andere mehr feilgeboten.

3.13.2.3. Spezifische Sichtweisen und unterschiedliche Schwerpunktsetzungen

Die anfängliche Vermutung, dass in allen Zeitungen gleichartig mit dem Christfest umgegangen wird, hat sich nicht bestätigt. Es hat sich herausgestellt, dass ein aus heutiger Sicht scheinbar so allgemein gültiges Fest wie der Heilige Abend während des Ersten Weltkriegs auf sehr unterschiedliche Weise verstanden und gestaltet wurde. Daher oder sogar gerade deshalb erlaubte es in der Presse deutlich verschiedene Sichtweisen und unterschiedliche Schwerpunktsetzungen. Besonders parteispezifisch geht die sozialistische „Wacht“ mit dem Weihnachtsfest um. Der Ausdruck der „Chronik“ und des „Volksblattes“ ähneln einander zwar stark, unterscheiden sich aber doch in der Vehemenz der Forderungen und Wünsche sowie im sprachlichen Umgang mit „dem Feind“. Für die Gedichte, die in „Chronik“ und „Volksblatt“ gedruckt wurden, gilt im Großen und Ganzen dasselbe.

3.13.2.3.1. Weihnacht als inszeniertes Familienfest

In beiden Blättern – „Chronik“ und „Volksblatt“ – finden sich sowohl Geschichten über vergangene Weihnachten als auch Anleitungen für die Familienfeier, Rezepte für weihnachtliche Mahlzeiten und Gebäck sowie Anregungen für den Kauf von Weihnachtsgeschenken. Auch im Ersten Weltkrieg bleibt der bürgerliche Aspekt von Weihnachten als dem Fest familiärer Geborgenheit und Häuslichkeit erhalten. In allen drei Druckerzeugnissen wird zwar gegen Ende des Kriegs die „Friedenssehnsucht“ lauter und besonders an das Christfest gekoppelt, doch in der „Wacht“, die seit Anbeginn einen Frieden herbeizuschreiben versucht, fällt dies besonders ins Auge.

3.13.2.3.2. Konsumstagnation

Eine besondere „Produktkultur“ ist im Krieg nicht zu erkennen. In der „Chronik“ und noch mehr im „Volksblatt“ werden vielerlei Dinge beworben. Arzneimittel finden sich ebenso in den Inseraten wie Banken, Bücher und Kinofilme; daneben natürlich Nahrungsmittel, Spielzeug, Textilien und andere Dinge für den Gebrauch und das Vergnügen. Die Anzahl der Einschaltungen nimmt im Laufe der Zeit sichtlich ab. Die „Wacht“ stellt wiederum die Ausnahme dar, denn in ihr finden sich in jedem Jahr nur selten Werbungen und Annoncen.

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