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12.21. Georg Spindler: Die Salzburger Blasmusiker/innen

Georg Spindler (Landesobmann des Salzburger Blasmusikverbandes 1998–2005 und Obmann der Trachtenmusikkapelle Kuchl 1998–2009, Landesbediensteter) gab Marina Wimmer am 18. Juni 2002 im Referat Salzburger Volkskultur ein Interview.

Volkskulturelles Feiern hat mit Jubiläen zu tun. Inwieweit besteht die Gefahr, dass Blasmusiker/innen zu Statisten für Festaufmärsche werden?

Also ich sehe da kein Problem, dass man meinen könnte, Blasmusiker werden zu Statisten, wobei die Wertigkeit natürlich gerade für die Blasmusik herausgestrichen gehört, denn was wäre ein Fest ohne Musik? Speziell bei der Blasmusik, die zu jeder Tages- und Nachtzeit und zu jeden Witterungsverhältnissen spielen kann, ist das von uns auch eine Forderung an alle, die ein Fest machen, das Fest wirklich zu einem Fest zu machen und natürlich auch die Blasmusik einzuladen.

Den Vorwurf habe ich noch nie gehört, aber ich muss auch sagen, dass die Blasmusik von vielen Leuten abwertend festgelegt wird: „Die Blasmusik ist ja sowieso da“ oder „Die muss sowieso da sein“. Ein Muss ist es nicht – es ist immer noch ein Hobby. Und wir sind auch nicht irgendwo in gemeindebudgetären Mitteln verankert, sondern immer auf Subventionen angewiesen. Subventionen kommen durchwegs vom Land, Bund, Bezirk, von den Gemeinden und natürlich auch von Sponsoren, Unkostenbeiträgen und Spenden von der Bevölkerung.

Warum setzt der Salzburger Blasmusikverband – in Bezug auf Repertoire und musikalische Professionalität – besonders auf Fortbildung im Jugend- und Ensemblebereich?

Gerade deshalb, weil mit der Fortbildung die Qualität gehoben wird und somit die Qualität in der Musikkapelle steigt. Bei der Musik gibt es einfach eine schlechte oder eine gute; eine gute Musik kommt in dem Fall mit der Qualität, der Ausbildung der Leute und mit der Harmonie – vor allem die Stimmung ist wichtig. Wenn eine Musik spielt und die Stimmung in der Musik nicht passt, dann ist das für manche eine schlechte Musik. In Wirklichkeit geht vielleicht nur die Gehörbildung vom Kapellmeister ab, der das nicht hört, und daher ist es bei der Fortbildung auch unbedingt erforderlich, diese Dinge zu unterstützen.

Die Fortbildung: In der Grundlage der Ausbildung, die durch professionelle Lehrkräfte erfolgt, ist die Professionalität in der Musikkapelle mit Ausbildung in der Musikschule (heute: Musikum Salzburg) von klein auf gegeben. Früher hat man zum Beispiel vielleicht ein halbes Jahr auf einem Instrument gelernt und musste dann in der Musikkapelle mitspielen, weil zu wenig Leute vorhanden waren. Jetzt dauert die Ausbildung drei bis acht Jahre, und Musikschüler haben dort den Abschluss und stoßen dann erst – nach drei, vier Jahren – zur Musikkapelle und haben außerdem als zweite Schiene das Jungmusiker-Leistungsabzeichen, das in Bronze, Silber und Gold übergeben wird. Das fängt mit dem Jungmusiker-Leistungsabzeichen in Bronze an, da ist man schon gut, mit dem silbernen ist man in der Ausbildung schon etwas weiter und das goldene steht für die höchste Auszeichnung in dieser Ausbildungsphase. In der Fortführung hat man dann die Möglichkeit, bei den verschiedensten Orchestern – unter anderem beim Landesblasorchester, das neu gegründet wurde – mitspielen zu dürfen. Voraussetzungen für das Landesblasorchester sind: Kapellmeister, Profimusiker, Student oder Jungmusiker mit Leistungsabzeichen in Gold.

Wenn man von der Grundausbildung spricht, spricht man vom Mittelbau – das betrifft in den Kapellen die Fortbildung älterer Musikkameraden. Auch da gibt es natürlich ein Leistungsabzeichen, dem man sich dort unterzieht, das allerdings nicht so gängig ist. Man hat die Möglichkeit, zu verschiedenen Lehrkräften in der Musikschule zu gehen – auch als älterer Musiker –, vor allem zum Ensemblespiel, wo die Älteren gefordert sind und wo man wiederum die ganze Qualität der Musikkapelle bekommt. In Folge ist die Kapellmeisterausbildung sehr wichtig, denn wenn es kein gut ausgebildeter Kapellmeister ist, ist die Jugend nicht so „gefordert“ und daher muss man die grundsätzliche Ausbildung fördern.

Diese Fortbildungskurse werden sehr gut angenommen; durchwegs hat man pro Kurs ca. 100 Schüler und die Musikerfortbildung im Mittelbereich wird vom Blasmusikverband deshalb gefördert, weil man gute Lehrer hat, die den Mittelbau wieder dahin bringen, zu sagen: „Ich will und ich will etwas lernen.“

Die Jugend kommt über die Musikschule, automatisch oder über Freunde zur Kapelle. Freundeskreise bringen manche Ensembles heraus – zum Beispiel Brassquintett, Tanzlmusik, Blechbläserensemble – und das ist sehr gut. Für diese bestehenden Ensembles oder Neugruppierungen bieten wir dann – und das geht schon wieder eher in die Fortbildung hinein – einen Wettbewerb an; zum Beispiel haben dieses Jahr an die 100 Ensembles am Regional- und Landeswettbewerb teilgenommen. Das Nachwuchsproblem ist eher örtlich bezogen, manchmal ist in gewissen Landstreifen die Ausbildungsmöglichkeit auch nicht so gegeben und die Jugendlichen sind mehr anderen Dingen zugetan.

Welche Ziele haben Sie sich als Obmann von 148 Salzburger Musikkapellen in den nächsten Jahren gesetzt?

Ein Ziel ist, in erster Linie das zu behalten, was man jetzt hat; das heißt die Zielvorstellung zu haben, dass die Jugend-Fortbildung im gleichen Ausmaß getragen und durchgeführt werden kann, weil nur durch diese gezielten Ausbildungsmodalitäten, wie wir sie jetzt haben, mit Musikschulwerk (heute: Musikum Salzburg) und vor allem auch mit eigener Ausbildung im Blasmusikverband – Kapellmeisterfortbildung und Jugendseminare und Jungmusikerkurse – das funktionieren kann. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass es früher in den 1960er-Jahren noch nicht so gang und gäbe war, dass ein Jugendlicher diese Ausbildung genossen hat, wie sie jetzt ist – und das will ich auf alle Fälle behalten.

Es gibt über 6.500 Mitglieder bei den 148 Kapellen, davon sind rund 23 % Mädchen/Frauen und ca. 42 % Jugendliche unter 24 Jahren. Im letzten Jahr fanden an die 8.500 Gesamtproben und 5.500 Ausrückungen statt. Für den einzelnen Verein bedeutet das im Durchschnitt 40 Ausrückungen im Jahr plus Proben, die einmal die Woche – ohne die Teilproben – stattfinden: also 40 Ausrückungen plus 50 Proben ergeben 90, dann noch 10 bis 20 Teilproben, zu je zwei Stunden dazu, dann ist man auf 400 Stunden pro Musiker oder Musikerin.

In den Kapellen sprechen die Jugendlichen dafür, dass es sehr gut ist, in Harmonie Jung und Alt zusammenzubringen und das ist eine Zielvorstellung von mir, dass man auch sagen kann: „Hat man die Jugend in einer Kapelle und in einem Verein, dann sind sie auch gut aufgehoben.“ Und wenn man selbst Kinder hat, dann weiß man: Wenn sie in der Blasmusik mitspielen, ist das in erster Linie eine Freude und zweitens diese Ausgewogenheit, dass diese Jugendlichen in der Gemeinschaft gut aufgehoben sind. Und das fordert auch die Gemeinschaft von uns, weil eine andere Zielvorstellung ist, dass man die Forderungen der Gemeinschaft erfüllt, für die Gemeinde dieses oder jenes Konzert zu spielen und für den Tourismus da zu sein oder für die Gemeinde auszurücken.

Der Obmann ist immer wieder gefordert, dass der Verein nach außen gut geführt und präsentiert wird – organisatorisch, finanziell und durch musikalische Unterstützung des Kapellmeisters, der meistens in den Vereinen bestellt wird. Nach außen hin muss der Obmann für alle geradestehen.

Warum schließen sich Blasmusik und zeitgenössische Musikstile nicht aus?

Ich finde, es gibt nur Musik, egal ob das diese oder jene Richtung ist. Keine Musik schließt die andere aus, zum Beispiel gibt es viele Hardrockmusiker, die bei der Blasmusik waren; da schließt sich für mich die Musik, ich spiele zum Beispiel auch E-Gitarre. Wenn man über zeitgenössische Musik spricht, ist das für manche Zuhörer nicht so relevant – gerade in den Gemeinden, wo die Blasmusik überwiegend ist.

Für mich gibt es nur gute oder schlechte Musik, weil die Musik nach allen Seiten offen ist und so auch Leute, die Musik spielen, grundsätzlich nach allen Seiten offen sind. Es gibt natürlich einzelne Leute, die so stur sind und sagen: „Das spiel ich nicht“, aber ich sehe da die Allgemeinheit und die lässt keine Musikrichtung aus. Und das ist auch bei der Blasmusik so erfreulich: Sie kann bei jedem Wind und Wetter eigentlich jede Musikrichtung spielen, natürlich mit den vorhandenen dementsprechenden Instrumenten.

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