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Rot oder grün, mit oder ohne Lehne? (Angelika Kromas)

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Zeremoniell – wozu das denn?

Das Hofleben in Salzburg richtete sich im 18. Jahrhundert nach den Vorbildern der großen europäischen Höfe. Der Umgang innerhalb der höfischen Gesellschaft basierte auf ausgefeilten, formalisierten Verhaltensregeln, die unbedingt einzuhalten waren, um nicht als „un-höflich“ zu gelten.

Das Zeremoniell geht aber über die höfischen Umgangsformen, die Etikette beim geselligen Verkehr, hinaus. Beim Zeremoniell waren die Handlungsträger bestimmt und der Handlungsablauf bis ins Kleinste festgelegt; nur bestimmte „Rolleninhaber“ durften die vorgeschriebenen Prozeduren vollziehen. Das Zeremoniell hatte seine Bedeutung auf der herrschaftlich-politischen Ebene.

Julius Bernhard von Rohr verfasste 1733 die bedeutendste zeitgenössische Zusammenfassung der Zeremonialhandlungen. Er schreibt in seiner Vorrede: „Das Staats=Ceremoniel schreibet den äusserlichen Handlungen der Regenten, oder derer, die ihre Personen vorstellen, eine gewisse Weise der Wohlanständigkeit vor, damit die hierdurch ihre Ehre und Ansehen bey ihren Unterthanen und Bedienten, bey andern Mitregenten entweder erhalten, oder noch vermöhren und vergrössern. Sollen die Unterthanen die Majestät des Königs erkennen, so müssen sie begreifen, dass bey ihm die höchste Gewalt und Macht sey, und demnach müssen sie ihre Handlungen dergestalt einrichten, damit sie Anlaß nehmen, seine Macht und Gewalt daraus zu erkennen. Der gemeine Mann, welcher bloß an den äusserlichen Sinnen hangt, und die Vernunfft wenig gebrauchet, kan sich nicht allein recht vorstellen, was die Majestät des Königs ist, aber durch die Dinge, so in die Augen fallen, und seine übrigen Sinne rühren, bekommt er einen klaren Begriff von seiner Majestät, Macht und Gewalt.“

Einzüge der Salzburger Erzbischöfe

Was für einen erblichen Staat der Thronwechsel war, war für ein geistliches Fürstentum wie das Erzstift Salzburg die Wahl eines neuen Erzbischofs. Die Wahl war erst dann endgültig abgeschlossen, wenn der Papst in Rom sein „Placet“[480] gab und das Pallium[481], gegen die Bezahlung der üblichen Taxe, aushändigte. Die Belehnung mit den Regalien[482] durch den Kaiser war die dritte Voraussetzung für die Übernahme der Regentschaft. Der Einzug oder Einritt wurde prunkvoll gestaltet. Er war die sichtbare, öffentliche Besitzergreifung des Landes durch den neuen Regenten und die Annahme der Huldigung – der Treue- und Gehorsamsverpflichtung der Funktionsträger und des Volkes gegenüber dem Herrscher – und daher von verfassungsrechtlicher Relevanz.

Die Nachrichten über die feierlichen Einritte zum Regierungsantritt setzen 1462 mit Erzbischof Burkhard von Weißpriach ein. Im Laufe der Zeit wurden aus den Einritten prunkvolle Einzüge mit Prunkkarossen und unter Begleitung des Militärs und Vertretern der Stadt und des Landes. Die neuen Erzbischöfe zogen entweder von Freisaal aus, wo sich der Erzbischof für seinen Einritt umkleidete und sich die Teilnehmer sammelten, über das Nonntal zur Residenz. Der Weg konnte aber auch von Schloss Mirabell durch die Linzer Gasse, über die Salzach und den heutigen Alten Markt zur Residenz führen.

Der festliche Einzug des neuen Erzbischofs in den Salzburger Dom ist nach wie vor Teil seiner Amtsübernahme. Durch die Säkularisierung wurde das geistliche vom weltlichen Amt getrennt. Der Erzbischof blieb der geistliche Oberhirte für die Gläubigen seiner Erzdiözese.

Barocke Tischkultur

Ein wichtiger Bestandteil eines barocken Festes war die Tafel des Fürsten. Sie war sehr oft eine „offene Tafel“, an der die Untertanen, soweit sie sauber gekleidet und nicht durch körperliche Gebrechen entstellt oder mit einer ansteckenden Krankheit behaftet waren, zuschauen konnten. Man war nur durch eine leichte Absperrung voneinander getrennt.

Bei großen politischen Feierlichkeiten wie Kaiserkrönungen und Erbhuldigungen speiste der Fürst allein an einem Tisch, die übrigen Gäste je nach ihrem Stand getrennt. Wenn es weniger formell zuging, saß man „pêle-mêle“, d. h. ohne Sitzordnung mehr oder weniger nach Belieben. Ein Essen im kleinen Kreis war nicht so aufwändig gestaltet. Zur Festtafel aber gehörte die prunkvolle Dekoration des Raumes und des Tisches. Die Gäste wurden außerdem mit Tafelmusik erfreut.

In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte sich das einheitliche Service durch, jeder Gast hatte im Gegensatz zum Mittelalter und der Renaissance ein eigenes Gedeck. Trinkgläser wurden nicht mit eingedeckt. Wer trinken wollte, winkte dem Tafelpersonal, die die Gläser an der Kredenz füllten und brachten. Als Tafelschmuck dienten Schaugerichte aus Zucker, Tragant[483] und nicht essbaren Stoffen sowie Pasteten in Tierformen. Ganze Szenen wurden arrangiert, oft nahm die Dekoration inhaltlich Bezug auf den Anlass des Festessens.

Benehmen bei Tisch

Die uns häufig geläufigen Tafelsitten sowie der Gebrauch von Tafelservice, Trinkgläsern, Tafeltüchern und Servietten sind Produkte einer langen Entwicklung.

An der barocken Tafel wurde von den Gästen verlangt:

  1. „item mit blankem Zeuggs, saubbern Rock und Stiefeln und nicht antrunken kais.kunigl. Hochhait complimentiren.“

  2. „item bai der Tafel den Stuhl nit wackeln oder die Fueß lang ausspraitzen.“

  3. „item nit nach jedem Bissen trinken, alßdann man zu frue voll wird, den Humpen aber nach jeder Spaiß nur einmalen halbet aus leeren, item vorhero aber den Schnautzbart und das Maul sauber wischen.“

  4. „item mit der Hand nit in die Vorlegschüssel langen, oder die abkiffelten Bainer zruck oder hintern Tisch werffen.“

  5. „item nicht die Fingern mit der Zung schlecken, auf das Thäller spaiben oder in das Tischtuch schnäutzen.“

  6. „item und zum letzten nicht so viehisch humppieren, daß man vom Stuhl fällt oder item nit mehr grad weggehn kann“.[484]



[480] Bestätigung

[481] Weiße Schulterbinde mit sechs schwarzen Kreuzen als persönliches Amtszeichen der katholischen Erzbischöfe.

[482] Hoheitsrechte (z. B. Gerichtsbarkeit, Zoll, Münz- und Marktrecht, Forst-, Jagd- und Bergrecht).

[483] Astra galus, erhärtendes Bindemittel für Konditoreiwaren, siehe auch: [Hutter 2002], S. 11.

[484] Zitiert nach [Haslinger 1996], S. 79.

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