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Mitten ins Herz – Musik und Migration[4393] (Albert Lichtblau) – Langtext

„Worauf können Sie eher verzichten:
a. auf die Heimat?
b. auf Vaterland?
c. auf die Fremde?“
[4394]

Haben Sie schon einmal bedacht, dass Sie das „Fremde“ brauchen, es unverzichtbar für das Gefühl von Heimat und Zugehörigkeit ist? Wozu brauchen Sie das Fremde in Ihrem Leben eigentlich?

Unter Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, gibt es eine verbindende Konstante: Sie müssen sich unweigerlich entscheiden, wie stark sie sich mit dem neuen Ort anfreunden, mit ihm identifizieren, die dort vorgefundene Kultur als die ihre aufnehmen und das Frühere bewahren oder abstreifen wollen. In den seltensten Fällen können sie darüber frei entscheiden. Menschen, die ihr Land verlassen, stehen in einem beständigen Anpassungsprozess und nicht nur sie passen sich an die aufnehmende Gesellschaft an, sondern auch diese an sie. Ähnlich wie die Muttersprache durch die Übernahme eines Akzents verwandelt sich auch die an andere Orte transferierte Musik. Sehr oft kann eine Vereinfachung und Veränderung in der Melodik und Instrumentierung beobachtet werden. Dieser Vorgang wird von der Musikethnologie detailliert untersucht. Als Historiker interessieren mich jedoch noch andere Aspekte des Kulturtransfers, vor allem die Funktionen, die mitgebrachte Musik für das Leben von Migranten annehmen kann und die Thematisierung von Zuwanderung in deutschsprachigen Liedern.

Österreicher haben es gut: Die klassische Musik, die in Österreich erschaffen wurde, ist weltbekannt und macht das Land zu einem Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt. Salzburg profitiert nicht nur vom wunderschönen Stadtbild – schöne Städte gibt es auch anderswo –, sondern von der Tatsache, dass Wolfgang Amadeus Mozart hier geboren wurde. Insofern können Österreicher kaum nachvollziehen, was es bedeutet, wenn die eigene (Hoch-) Kultur in anderen Ländern nicht anerkannt und bekannt ist. Wer kennt in Mitteleuropa schon klassische chinesische, indische oder türkische Musik? Dabei wurde es im 18. Jahrhundert modern, sich der Musikkultur des Osmanischen Reichs zu bedienen, nachdem sicher schien, dass die osmanische Gefahr mit dem Frieden von Passarowitz (1718) gebannt war. Der Orient begann alsbald eine Faszination auszuüben und die Vorstellungen vom Prunk der Sultane und vom Leben im Harem beflügelten die Phantasie der Mittel- und Westeuropäer. Beliebt waren Schaukämpfe, bei denen die christlichen Helden über die Osmanen obligatorisch siegen mussten und die als kriegerisch empfundene Janitscharenmusik wurde die Grundlage unserer Militärmusik. Das Faible für den Orient faszinierte aber auch Komponisten. Mozarts „Entführung aus dem Serail“ ist vom türkischen Sujet geprägt.[4395] 1997 wurde übrigens eine CD unter dem Titel „Mozart in Egypt“ veröffentlicht, darunter auch die „fast orientalische Melodie“ des Doppelquartetts in Es-Dur.[4396]

Anders ist es bei der türkischen Volks- und Popmusik der Gegenwart, obwohl Bauchtanzkurse und Bauchtänzerinnen in Lokalen, auf Partys oder gar Hochzeiten nichts Ungewöhnliches mehr sind. Bauchtanzkurse werden inzwischen an vielen Volkshochschulen beworben und zielen auf Bedürfnisse der Mittel- und Westeuropäer ab. Die Volkshochschule Husum beschreibt einen Kurs zu „Integriertem Bauchtanz“ als „Tanz und Erotik, Sport und Therapie zugleich. Das Ergebnis ist lustvoll getanzter Augenblick, Erfüllung und Freude am Sein.“[4397] Die für mitteleuropäische Hörgewohnheiten ungewöhnlichen Tonfolgen türkischer Volksmusik – etwa Vierteltonschritte – bleiben den meisten hingegen fremd und für jene, die davon fasziniert sind, verbinden sich damit vermutlich nach wie vor die vermeintliche Exotik des Orients bzw. die Gerüche türkischer Hausmannskost, die wir aus den Restaurants und Döner Kebab-Buden kennen.[4398]

Öffentliche und private Orte

Zurzeit gibt es in Österreich und Deutschland eine lebendige Musikszene der Zuwanderer[4399], vor allem jener aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien. In allen Großstädten finden sich Treffpunkte, Restaurants und vor allem Diskotheken, in denen Volks- und Popmusik zu hören ist. Diskotheken für ehemalige Jugoslawen tragen in Wien Namen wie „Plava Laguna“, „Majami“, „Karibik“, „Dayton“ oder den der bekanntesten Schlagersängerin der 80er-Jahre „Lepa Brena“. In Vösendorf gibt es die Disco „Planet“, das „Nova“ in Sattledt, das „City Orange“ und das „Heaven“ in Salzburg usw. Hier kann es wenigstens nicht passieren, dass jemandem der Eintritt verweigert wird, weil die Besitzer den vermeintlichen Ausländeranteil niedrig halten wollen.[4400] Meistens wird an den Wochenenden Live-Musik gespielt und immer wieder treten bekannte Musiker aus der ehemaligen Heimat auf. Die Kriege brachten aber für die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien eine Spaltung mit sich, die immer noch nicht überwunden werden konnte. Manche Diskotheken gelten als serbisch, andere als bosnisch oder kroatisch, wieder andere als gemischt. In den Chatrooms des Internets toben Kontroversen über einzelne Diskotheken, etwa über „Funky Town“ in Linz, das von einem offensichtlich rabiaten Rechtsextremen als „Scheiß Türkendisco“ klassifiziert wird, während „julia s.“ entgegenhält: „de ausländer stören mich überhaupt net! de haben genauso rechte wie de österreicher.“[4401]

Es war ein trauriger Anlass, der auf das zahlreiche Vorhandensein derartiger Diskos aufmerksam machte: der Handgranatenanschlag auf die in der Linzer Humboldtstraße gelegene Diskothek „X-Large“ im Juli 2002. An einem Samstag um ½ 4 Uhr morgens befanden sich noch ca. 50 Personen in der Disko, vorwiegend Besucher aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei, 27 wurden verletzt.

Die audiovisuellen Medien spielen insbesondere im privaten Raum eine wichtige Rolle. Wohnungen können durch die Einrichtung, die Gerüche und die Beschallung zu einem autonomen kulturellen Raum werden, der eine Re-Inszenierung der verlorenen Heimat ermöglicht. In manchen Städten gibt es eigene Radiostationen mit 24-stündigen Programmen für die Zuwanderer. Ein Beispiel dafür wäre „Radio Seoul“ in New York, das rund um die Uhr Sendungen in koreanischer Sprache ausstrahlt, oder der türkischsprachige Sender Radio „Metropol“, der seit Juni 1999 in Berlin und seit Dezember 2001 im Rhein-Neckar-Raum sendet.[4402] Der ORF hat mit der Sendung „Heimat, fremde Heimat“ ein wichtiges interkulturelles, deutschsprachiges Fernsehprogramm etabliert, doch Sendungen in der Muttersprache von Migranten können nach wie vor nur über Kabel bzw. Satelliten empfangen werden. Favorit für Menschen aus der Türkei ist nach wie vor der türkische Staatsfernsehsender „TRT-International“, in dem türkische – jedoch nicht kurdische – Musik eine tragende Rolle spielt.[4403]

Im Radiobereich sieht es zurzeit für Zuwanderer besser aus, da es gelungen ist, in einigen Privatradiostationen muttersprachliche Sendungen zu etablieren.[4404] Im Folgenden soll anhand von zwei Beispielen die Rolle der Musik für diese Sendungen betrachtet werden. Die „Salzburger Radiofabrik“ stellt ihre „prime time“ – 20:00 bis 21:00 – von Montag bis Freitag und an Sonntagen Sendungen in türkischer bzw. serbokroatischer Sprache zur Verfügung. Eine der Sendungen nennt sich selbstironisch „Dönerwelle“. Die „Radio Ses“ genannte türkischsprachige Sendung wurde von Ali Oymak ins Leben gerufen.[4405] Er wuchs in Ankara auf und kam 1979 nach Österreich, wo er zunächst bei einer Runderneuerungsfirma arbeitete. Derzeit ist er beim Verein zur Betreuung und Beratung von Ausländern(innen) angestellt. Ali Oymak spielt übrigens selbst ein Saiteninstrument der Saz-Familie namens Bağlama, das er auch unterrichtet.[4406] Er gehört außerdem dem Alevitischen Kulturverein an.[4407] Radio Ses will Migranten aus der Türkei darüber informieren, was in Österreich und in der Welt geschieht. In den Musikpausen werden Informationen im Nachrichtenstil gebracht und die Hörer haben die Möglichkeit, dazu telefonisch Stellung zu beziehen bzw. von ihren Erfahrungen in Österreich zu erzählen.

Beim Interview in der Radiofabrik bemerkte ich eine CD, die mir in einem Geschäft beim Wiener Brunnenmarkt namens „Akdeniz“ als eine der best verkauften gezeigt worden war: „Isirgan Otu“ von Ali Kivircik. Er ist ein äußerst populärer Saz-Spieler und Sänger und trat beispielsweise bei den Alevitischen Kulturwochen in Berlin 2001 auf.[4408] Auf die Frage, ob sie auch die Musik der zweiten CD, die mir bei Akdeniz empfohlen wurde, „Söz mü?…“ von Alişan, in ihrem Programm spielen würden, stoße ich auf Ablehnung. Derartige Musik sei in ihrer Sendung nicht zu hören, denn bei Alişan handle es sich um Arabesk Musik. Was Arabesk Musik tatsächlich ist, darüber gibt es verschiedene Ansichten. Gemeint ist meistens die in den 1960er- und 70er-Jahren entstandene Popmusik mit einer Orientierung auf den arabischen Raum. Was gegen Arabesk Musik spreche, frage ich. Sie sei zu traurig und in ihren Texten zu negativ. Von Arabesk Musik lassen sie lieber die Finger, meint die Moderatorin Özcan Yeşim, da sie glauben, diese Art von Musik würde die Menschen depressiv machen. Es fallen Begriffe wie „richtige“ und „wahre“ Musik. Das sei Musik von erfahrenen Musikern, Musik mit Inhalt. Die Musikgestaltung ihres Programms solle Positives rüberbringen.

Angesichts des Kurden-Problems in der Türkei werden die Programmmacher von Radio Ses in ein politisches Eck gestellt, das ihnen gar nicht behagt. Sie spielen in ihren Sendungen nämlich auch kurdische Musik. Ali Oymak kämpft gegen die engstirnigen Kategorisierungen an, denn seinem Ideal zufolge gehören alle Menschen zusammen und sollten nicht in Klassen geteilt werden.

„Radio Arija“, die Sendung in serbokroatischer Sprache der Radiofabrik Salzburg, hat eine völlig andere Ausrichtung. Moderator Dragutin Frenkenberger arbeitet mit einem Team von fünf Personen an drei Sendungen in serbokroatischer Sprache pro Woche, jene am Sonntag richtet sich an Kinder. Das Team besteht aus einer bunten Mischung ehemaliger Jugoslawen, er selbst kommt aus einer bosnischen katholisch-orthodoxen, also einer kroatisch-serbischen Familie, der Tontechniker, Hamdija Bekrić – er konnte 1992 flüchten –, aus einer muslimischen Familie Bosniens. Dragutin Frenkenberger verließ Bosnien noch vor Kriegsausbruch, 1987.

Das Anliegen der Sendung sei es, die Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien wieder zusammenzubinden.[4409] Für Dragutin Frenkenberger ist es besonders wichtig, dass die Beziehung zur früheren „Heimat“ erhalten bleibe und dafür sei Musik sehr wichtig. Während der Sendung können Hörer Musikwünsche äußern bzw. Grüße ausrichten lassen. Da das Programm auch via Internet empfangen wird, rufen selbst Zuhörer aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien an und lassen ihre Freunde und Bekannten in Österreich grüßen. Die Musik sei eine Möglichkeit, einen Teil des Heims, des Zuhauses, nach Österreich zu bringen.

Eine nationale Spaltung versuchen sie erst gar nicht aufkommen zu lassen, weswegen sie immer Musik aus allen Landesteilen des ehemaligen Jugoslawien spielen. Sie müssen in Österreich weiterleben und vergessen, was im Krieg passiert ist, meint Dragutin Frenkenberger. Die Musik erinnere dabei an die Jugend, an eine schöne Zeit, nach der etwas Schreckliches passiert sei. Musik verbinde, Politik jedoch spalte. Hier übernimmt Musik die Rolle einer Erinnerungs- und Zerstreuungsmaschine, die einen aus der Gegenwart in eine nostalgisch verklärte Vergangenheit zurückführt. Deswegen wird die Musik der 1990er Jahre – etwa der so genannte Turbofolk – ausgeblendet, um auch hier den Schatten der grausamen Kriegsvergangenheit nicht wiederzubeleben.[4410] Den Moderator freuen besonders jene Anrufe, bei denen die Hörer davon erzählen, durch die Musik an Momente ihres Lebens erinnert worden zu sein, als es noch schön war. Wie in der türkischen Sendung werden auch bei Radio Arija keine traurigen Lieder gespielt, mit Ausnahme von Liebesliedern. Das Ziel seiner Arbeit sei es, mit der Musik die Seele der Leute anzuzünden.[4411]

Tarkan, Arkan & Ceca

Es ist kein großes Problem, in Österreich und Deutschland Musik aus dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei zu kaufen. Gemeint sind aber nicht die Musikabteilungen großer Kaufhäuser, in deren rar bestückten Folkloremusik-Regalen sich nur wenig davon wiederfindet, sondern die in größeren Städten vorhandenen einschlägigen Geschäfte und türkischen Läden, die CDs und die nach wie vor beliebten Musikkassetten anbieten.[4412] Ein Verkaufsschlager aus dem ehemaligen Jugoslawien ist der häufig nationalistisch und sexistisch orientierte Turbofolk. Zu den meist verkauften CDs, die man in diesen Geschäften zum vergleichsweise günstigen Preis zwischen 6 und 10 € kaufen kann, gehören jene der Sängerin Ceca, die wegen ihrer Beziehung zum berüchtigten „Warlord“ Arkan auch außerhalb Jugoslawiens einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte.

Weniger verfänglich ist auf türkischer Seite der Musikstar Tarkan. Ihm gelang es mit seinem Lied „Simarik“, international bekannt zu werden. Trotz der türkischen Sprache glückte ihm durch die Verwendung von Kussgeräuschen der internationale Durchbruch. Die Melodik dieses „Knutschsongs“ ist selbst für westeuropäische Hörgewohnheiten gefällig genug, um dahinter orientalisches Flair vermuten zu können und trotzdem musikalisch nicht überfordert zu werden. 1997 wurde Tarkan als der erfolgreichste Künstler der Türkei gekürt. Wie viele andere türkische bzw. „jugoslawische“ Künstler tourte er durch Europa, allerdings mit dem Unterschied, dass zu seinen Konzerten auch begeisterte Anhänger der nicht-türkischen Bevölkerung strömten.

Geboren wurde Tarkan Tevetoglu 1972 in Deutschland, wo er bis zu seinem 15. Lebensjahr lebte. Danach übersiedelte er mit seiner Familie in die Türkei. Der Musikredakteur Daniel Bax beschrieb das Phänomen Tarkan pointiert: „Keiner schwang die Hüften so sexy, niemand sonst sang so eindeutige Zeilen, und in Interviews nahm er kein Blatt vor den Mund, kurz: Tarkan war ein mittlerer Kulturschock für die konservative Türkei. Es war wie in England zu Zeiten der Beatles: Noch nie zuvor hatte es in der Türkei so viele kreischende Mädchen gegeben wie bei seinen Konzerten.“[4413] Seine Freimütigkeit führt Tarkan auf seine Sozialisation in Deutschland zurück.

Es gibt noch andere Beispiele von türkischen Musikern, die in Mittel- und Westeuropa aufgewachsen sind und ihre Karriere in der Türkei machten: Rafet El Roman aus Darmstadt, Bendeniz aus der Schweiz oder die deutsch-türkische Hip-Hop-Gruppe „Cartel“. Aber bislang ist es nur Tarkan gelungen, die türkische Popmusik in Deutschland und Österreich aus dem Ghetto der „Gastarbeiter“-Kultur herauszulösen.

Die Unterhaltungsindustrie versucht immer wieder, die multikulturelle Toleranzbereitschaft zu vermarkten. Wie sehr türkische Musiker vorübergehend „chic“ waren und es in die Kultstätten der Unterhaltungsindustrie schafften, zeigte sich bei der von Ralf Siegel produzierten Retortengruppe „Sürpriz“, die 1999 mit dem Titel „Reise nach Jerusalem“ zum Grand Prix d’Eurovision nach Jerusalem geschickt wurde und dort immerhin den dritten Platz belegte. Von den sechs Musikern war nur einer in der Türkei geboren, fünf gehörten bereits der zweiten Generation türkischer Einwanderer an. Sürpriz, die ihr Lied in deutscher, türkischer und englischer Sprache sangen, ist eines von vielen Beispielen für den Versuch, Multikulturalismus marktgerecht aufzubereiten. Dazu trugen auch die Interviews der Bandmitglieder bei, etwa folgendes Statement: „Wir essen türkisch, denken deutsch und verkünden eine globale Friedensbotschaft.“[4414]

Urlaub vom Leiden

Von einer Erfolgsgeschichte der Migranten-Musikkultur zu sprechen, wäre jedoch eine Verkennung der Realitäten. Schon die Startbedingungen sind oftmals ungünstig, sei es der ökonomische oder politische Druck oder die jahrelange Unsicherheit, ob der Aufenthalt im neuen Land von Dauer sein wird. Verschleißerscheinungen und Aufgeben gehören ebenfalls zur Geschichte des Kulturtransfers via Migration. Das kann an den beiden folgenden Beispielen beobachtet werden:

Zoran Sijaković lebte in Novi Sad und war dort Tänzer des Nationaltheaters. Auf einer Tournee verliebte er sich in eine aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Frau, die im oberösterreichischen Braunau lebte. Er entschied sich für die Liebe und zog nach Braunau, in der Hoffnung, eine Tanzschule für Kinder aus Jugoslawien aufbauen zu können. Nach drei Jahren gab er auf, weil er zu wenig verdiente und seine Ideale hier nicht realisieren konnte. Sein Plan wäre es gewesen, allmählich eine gut ausgebildete Tanzgruppe aufzubauen. Aber den Funktionären der „jugoslawischen“ Vereine sei es nur um rasch vorzeigbare Erfolge und Quantität statt Qualität gegangen. Er leidet als Tänzer am niedrigen Kulturbewusstsein seiner Landsleute in Österreich.[4415]

Inzwischen ist Zoran Sijaković selbst Obmann eines Kulturvereins namens „Danica“, der sich mit Musik, Tanz und Kunst befasst. Danica hieß übrigens auch eine in Wien, vom dort lebenden Schriftsteller und Historiker Vuk Stefanović Karadžić (1787 Tršić–1864 Wien) herausgegebene Zeitschrift. Er war der Begründer der neuen serbischen Literatur, Sprache und Rechtschreibung. Zoran Sijaković bezieht sich bewusst auf das Erbe der Habsburgermonarchie, das in der Vojvodina nach wie vor sehr präsent sei. Danica nennt sich auch die Musikgruppe des Vereins, deren Mitglieder meist am Salzburger Mozarteum studieren. 2003 haben sie eine CD mit Musik aus dem südslawischen Raum veröffentlicht. Ungewöhnliche Rhythmen und die Auswahl typischer Volksmusikinstrumente, die für die jeweils lokale Musik charakteristisch sind, seien die wichtigsten Auswahlkriterien für die Musikstücke. Den „Ethnomoment“ herauszufiltern, ist eines ihrer Anliegen. Dass die Musikgruppe Danica jedoch eher von Österreichern als von den eigenen Landsleuten eingeladen und gehört wird, findet Zoran Sijaković irritierend. Sie singen also für ein Publikum, das den Text nicht versteht und trotzdem begeistert ist. Er ist davon überzeugt, dass die Lieder auf andere Weise verstanden werden. Sein Lieblingslied handelt von einem vagabundierenden Musiker, der nach durchzechter Nacht sein Instrument ruhen lässt und den Bakschisch mit den Taxlern und Huren teilt. In der dritten Strophe wird der Refrain in na-na-na-Form wiederholt. Zoran Sijaković erzählt, dass er nach Konzerten die Besucher diese Melodie oft nachpfeifen hört. Trotz der Nostalgie und Heimat-Weh will Zoran Sijaković mit den ausgewählten Liedern die darin strahlende positive Energie vermitteln.[4416]

Ob die österreichischen Zuhörer wirklich mitfühlen, was in diesen Liedern mitklingt? Kennen Sie das Wort Heimat-Weh, das Zoran Sijaković statt des üblichen Heimweh verwendet? Warum ist beispielsweise Klezmer-Musik in Deutschland und Österreich so populär geworden? Es ist die Musik einer zerstörten, verlorenen Welt. Doch als sie geschrieben wurde, handelte sie von der ständigen Bedrohung der Juden in Osteuropa und zugleich vermittelt sie eine schier unbändige, zum Tanzen verlockende Lebenslust. Ist Musik insgesamt nicht auch ein Beweis für Lebenswillen, Lebenslust? Und können wir Freude nur dann wirklich empfinden, wenn wir auch Schmerz und Verlust spüren? Ist es das, was wir in der Musik der „Fremden“ suchen und finden?

Manchmal geht es ums nackte psychische Überleben, wenn musiziert wird. Berislav Knezevic ist vom Schicksal gezeichnet. Wir treffen uns im „Café Adria“ beim Welser Bahnhof, wo „Bosner“ mit Cevapcici nur € 2,50 kosten und Cevapcici mit „Pommes“ € 4,50. Berislav lebte im bosnischen Bugojna. Er wuchs in einer bosnisch-kroatischen Familie auf. Seinem Vater gehörte ein Gasthaus und von ihm lernte er die Volksmusik und das Ziehharmonikaspielen. In Bosnien hatte er drei Berufe zugleich, er arbeitete im elterlichen Gasthaus, als Taxifahrer und eben als Musiker, der vor allem bei Hochzeiten aufspielte. Als der Krieg ausbrach, blieb er noch einige Monate in seinem Dorf. Er kann es noch immer nicht verstehen, dass sein moslemischer Schulkollege, der nur unweit von ihm wohnte, plötzlich die Waffe auf ihn richtete.

Berislav Knezevic floh mit seiner Frau und dem acht Monate alten Baby. Alles was er mitnehmen konnte, war ein Plastiksackerl und die Ziehharmonika. Auch seine Eltern flohen vorübergehend. Die zurückgelassenen Instrumente des Vaters seien allesamt gestohlen worden. Es sei schwer zu verstehen, was damals passierte. Er möchte nicht mehr zurück, denn es werde wieder Krieg geben und das möchte er seinen Kindern nicht antun. In Österreich hatte Berislav Knezevic Glück im Unglück – eine hilfsbereite oberösterreichische Familie nahm ihn mit seiner Frau und dem Baby auf. Er wurde immer wieder eingeladen, in Oberösterreich und Salzburg Musik zu spielen, vor allem auf Hochzeiten. Bei großen Veranstaltungen spielten sie zu fünft unter verschiedenen Namen. Einer davon war „Brcica“, das war der Spitzname seines Vaters. Da bei den Hochzeiten auch immer österreichische Arbeitskollegen bzw. Partner mit dabei waren, spielten sie nicht nur Volksmusik aus „Jugoslawien“, sondern auch österreichische Lieder – wie „Anton aus Tirol“ –, denn das kannte jeder und die Kinder konnten tanzen. Aber er hat keine Lust mehr, in Restaurants zu spielen, in denen sich Menschen aus Ex-Jugoslawien treffen. Alkohol führe immer wieder zu Streit zwischen den im Krieg zu Feinden gewordenen Gruppen. Er spielte deswegen auch nicht auf Hochzeiten der bosnischen Muslime und nahm keine Muslime in seine Gruppe auf, da er sich davor fürchtete, dass diese angestänkert würden. Es fehle ihm die Kraft, derartige Konflikte auszuhalten. Der Plan, in Oberösterreich auch vom Einkommen als Musiker zu leben, ging nicht auf. Durch den Kauf von Instrumenten und Lautsprechern verschuldete er sich, das dafür ausgegebene Geld ist bei den Auftritten nicht hereingekommen.

Der Krieg, die Vertreibung, spätere Krankheiten und Rückschläge wie die Arbeitslosigkeit als LKW-Fahrer machen ihm zu schaffen. Dass seine Cousine, die in Bosnien lebte, ermordet wurde, zermürbt ihn. Sie hatte sich gerade auf die Schule vorbereitet, als eine „Bombe“ in ihr Zimmer geworfen wurde. Er fuhr nach Bosnien, sah das Zimmer, es sei furchtbar gewesen. Monatelang stand er unter Schock und war nicht fähig, Musik zu spielen. Und dennoch ist Musik die einzige Flucht aus einem Leben, das er als extrem beschwerlich beschreibt. Als wir uns begrüßten, sagte er sofort: „Musik ist Urlaub fürs Hirn.“[4417]

Musik hat also viele verschiedene Funktionen für die Migranten: Repräsentation von zurückgelassener Heimat, Erinnerungsmaschine, Bewahrung von kultureller Identität, Schnittstelle für Kulturtransfers in mehrere Richtungen, aber eben auch jene der psychischen Entspannung und Entlastung. Andere Funktionen sind Selbstbehauptung und Akzeptanz, wie im folgenden Abschnitt gezeigt wird.

Fremdenfeindlichkeit & Widerstand

Haben böse Menschen tatsächlich keine Lieder? Es wäre schön, wenn dieser Ausspruch stimmte, aber wir leben in einem Land, in dem das Gegenteil bewiesen wurde. Die Nationalsozialisten infizierten die jungen Menschen mit ihren Hassgesängen im Stile eines Horst Wessel-Liedes. Und Hassgesänge gegen „andere“ gibt es auch heute noch zu hören, etwa bei einer der domestizierten Formen von Krieg, den Fußballspielen.[4418]

Migranten sind neben der Banalisierung des Nationalsozialismus, der Glorifizierung der deutschen „Herrenrasse“ und den Angriffen auf Homosexuelle ein bevorzugtes Thema der rechtsextremen Musiklandschaft. Die aus Niedersachsen stammende Gruppe „Zillertaler Türkenjäger“ hat sich die Ausländerfeindlichkeit in den Bandnamen eingeschrieben. Die Aufforderung zu Gewalt ist durchgängiger Bestandteil der Texte rechtsextremen Liedguts. So heißt es beispielsweise im Lied „Tritt einfach rein“ der Gruppe „Reichssturm“:

„Ich brauch keinen Griechen, um gut essen zu gehen,
keinen Nigger, um beim Fußball Tore zu sehen.
Ich will auch kein Arbeiter bei den Türken sein,
ich will, daß wir uns vom Fremdenpack befreien.“
[4419]
Den Refrain, in dem zu brutaler Gewalt aufgerufen wird, erspare ich Ihnen lieber.

In Deutschland bot die Hip-Hop-Szene den Angehörigen der Minderheiten ein wichtiges Forum, ihre Probleme zu artikulieren. Angesichts der Morde an Migranten und Menschen anderer als weißer Hautfarbe sahen sich auch Musiker gezwungen, Position zu beziehen. Das bekannteste Projekt entstand unter dem Namen „Brothers Keepers“, ein Zusammenschluss afrodeutscher Rapper und Sänger. Es wurde als Reaktion auf den Skinhead-Mord am 39-jährigen Mosambikaner Alberto Adriano im Juni 2000 ins Leben gerufen. Mit der Single „Adriano“ (Letzte Warnung) Teil II und einem Sampler mit dem Titel „Lightkultur“ erregte dieses Projekt die Aufmerksamkeit der Medien.[4420]

Wenn Brothers & Sisters Keepers mit Samy Deluxe, Mali, Afrob und anderen Künstler auf Schultour in den so genannten neuen Bundesländern Deutschlands gingen und bei der Eröffnungskonferenz von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse teilnahmen, wenn die Gruppe „Söhne der Gastarbeita“ im Schloss Bellevue des deutschen Bundespräsidenten auftrat, dann sind sie von den Machthabenden in deren Arbeit für Toleranz gebraucht und anerkannt worden. Slavko Ninić hat es mit der „Wiener Tschuschenkapelle“ ebenfalls geschafft. Die Neujahrsmatineen, zu denen viele andere Musiker und Künstler eingeladen werden, haben im Wiener Volkstheater bereits Tradition. Die Wiener Tschuschenkapelle wurde außerdem schon mehrmals für Auftritte in der Wiener Hofburg gebucht. Politiker, die für einen toleranten Umgang der verschiedenen ethnischen Gruppen ihres Landes eintreten wollen, brauchen also derartige Kulturträger, um symbolische Akte der Toleranz zu inszenieren.

Am 28. Februar 2003 – einen Tag nach dem Wiener Opernball – fand im Wiener Rathaus zum neunten Mal der Wiener Flüchtlingsball statt. Er war vom Wiener Integrationshaus organisiert worden. Einer der auftretenden Künstler war Willy Resetarits alias Kurt Ostbahn, der aus einer Wiener kroatischen Familie stammt. Auf einer CD mit Musik der österreichischen Volksgruppen singt er mit seiner Mutter kroatische Lieder.[4421] Neben ihm traten auch das „Vienna Raï Orchester“ und das „Sandy Lopicic Orkestar“ auf. Die politische Umarmung von Künstlern aus dem Migrantenmilieu stößt aber dann an Grenzen politischer Zwiespältigkeit, wenn es um konkrete politische Arbeit geht. Ein Beispiel dafür ist der Versuch von Brothers Keepers, für die internierten Flüchtlinge am Frankfurter Flughafen zu spielen. Das Regierungspräsidium Darmstadt untersagte das Konzert.

Sobald sich die Minderheitenkultur an die Mehrheit richtet bzw. von dieser wahrgenommen und allmählich angenommen wird, kommt es zu dynamischen Anpassungsprozessen, die von Missverständnissen und stereotypen Zuschreibungen begleitet werden, gegen die sich die Kunstschaffenden nur schwer wehren können. Die Musikzeitschrift „Spex“ schrieb bereits von „Kanak Chic“ in der Berliner Republik. Damit ist gemeint, dass die an scheinbarer Ideenlosigkeit laborierende Kulturindustrie neue Impulse von den Zuwandererkindern erwartet. Das Schlagwort „hybrid“ – es stammt aus dem Lateinischen und bedeutet eigentlich Mischling bzw. Bastard – geistert im Zusammenhang von Musik und Migration durch die Feuilletons und die alte romantisierende Schmelztiegel-Fantasie von der faszinierenden Verschmelzung der Kulturen feiert fröhliche Urständ.[4422]

Da jede kapitalistische Gesellschaft das Fremde gerne konsumiert, vermarktet sie dies in vielfacher Weise. Dieses Feilbieten der „Ausländer-Exotik“ nimmt oft seltsame Formen an. Ein Beispiel wären die Reality-Soaps. Der gebürtige Mazedonier Zlatko wurde bei „Big Brother“ wegen seiner Sprüche populär und danach als vermeintlicher Gesangskünstler. In „Starmania“, der 2002 bis 2004 gelaufenen Casting-Show des ORFs, schaffte es die 19-jährige Beate Baumgartner bis in die Finalrunden der letzten Zehn. Dass sie teils afrikanischer Herkunft war, wurde in den üblichen Exotisierungsschemata ausgeschlachtet: Sex & Exotic sells. In der Ankündigung einer ihrer Auftritte wurde sie in ein Dirndl gesteckt und durfte blitzlichtartig über ihre Identität sinnieren: „Bei mir ist es ja immer so, wenn ich in Namibia bin, fühl ich mich immer sehr als Österreicherin und hier ist es vielleicht umgekehrt. Aber in dem Dirndl fühl ich mich 100 % als Österreicherin, ich finde es voll cool.“ Zu Hause fühle sie sich aber nun in Graz. Nach ihrem Auftritt wurde sie von Moderatorin Arabella Kiesbauer sofort darauf angesprochen, an diesem Abend sehr sexy gekleidet zu sein. Was der Freund wohl dazu sage? Danach schwenkte sie zu einem anderen Thema über, Afrika: „Ich war ja schon einmal in Namibia, muss sagen, ist ein sehr schönes Land, auch ein hoch entwickeltes Land. Aber andere Länder, andere Sitten. So wie man bei uns ja z. B. zum Würstelstand geht und da ein Burenhäutl isst, isst man in Namibia ab und zu gerne Würmer. Hast du schon einmal Würmer gegessen?“ Barbara Baumgartners verlegen wirkende Antwort wurde zum Gaudium des Publikums sofort als sexuelle Anspielung missverstanden.[4423] Dabei sollte Arabella Kiesbauer die Empfindlichkeiten aus eigener Erfahrung kennen. Sie war 1995 wegen ihrer teils afrikanischen Herkunft – ihr Vater Sammy Ammissah war Maschinenbauingenieur aus Ghana – Adressatin einer Briefbombe.

Mit Erkan & Stefan, den Polenwitzen des Talkshowmasters Harald Schmidt usw. scheint es lustig geworden zu sein, sich auf Kosten der Menschen, die anders als die Deutschen oder Österreicher zu sein scheinen, einen Spaß zu erlauben. Tyron Rickets, ein Rapper, hat sich in seinem Beitrag für Brothers Keepers mit dem Gespött gegenüber Schwarzen in Österreich befasst.[4424] Sein Song „Afro Deutsch“ beginnt mit folgender Beschreibung:

„10 000 Seelendorf in Österreich – ich dort als Negerjunge.
10 000 Sprüche, dumme! Gutgemeint als Antwort meine Zunge,
Du findest es – nicht schlimm wenn man Dich auslacht,
meiner Meinung nach – ist es die Summe die es ausmacht
erfahre grabschen nach der Haarpracht, die Wuschelhaare,
hasste es all die Jahre – dass ich’s heute noch in mir bewahre,
genau wie andre – großteils unsichtbare Narben,
die mir den Spaß verdarben an Bezeichnungen wie Schokofarben
– zu viele Sklaven starben um drüber zu lachen,
zu viele Leute dagegen es scherzhaft um’nen Spaß zu machen …“
[4425]

Musiker aus Migrantenfamilien werden seitens der Öffentlichkeit zur Signalisierung von Toleranzbereitschaft oftmals gebraucht und missbraucht. Dass sie dabei weniger als Künstler gesehen werden, sondern fortwährend in die Rolle der fremden Exoten zurückgedrängt werden, macht ihnen zu schaffen. Der Rap-Musiker Torch befasste sich in seiner Musik und den Texten immer wieder mit der Frage des Zusammenlebens. Torch hatte bereits 1992 ein Lied unter dem Titel „Fremd im eigenen Land“ mit der Gruppe „Advanced Chemistry“ herausgebracht, das die Situation der Minderheiten in Deutschland reflektierte. Die Eltern der Bandmitglieder stammen aus Deutschland, Ghana, Haiti und Italien. Mit seinen Aktivitäten hatte sich Torch absichtlich in den Minderheiten-Diskurs eingeklinkt. Dass ihn Liedermacher Wolf Biermann in einem Artikel als „einen jungen deutschen Dichter“ beschrieb, „der sich als Rapper etabliert hat und den ich bewundere“, ist für Torch „wichtiger, als dass mir aus meinen Kreisen bestätigt wird, dass ich der beste Rapper bin.“[4426]

Nigger & Kanaken, Tschuschenkapelle?

„Minderheiten“-Musiker thematisieren die von außen aufgezwungene Identität immer wieder. Die Berliner Künstlergruppe „Kanak Attak“ etwa wehrt sich gegen die verordnete Identitätszuschreibung und lehnt dementsprechend „jegliche Form von Identitätspolitik“ ab.[4427] Das Wort „Kanake“ wird in der deutschen Hip-Hop-Szene der Migrantenkinder durch die Verwendung gleichsam offensiv der xenophoben deutschen Sprachkultur zurückgespiegelt. Das Inbesitznehmen von Schimpfwörtern wurde dabei von amerikanischen schwarzen Hip-Hop-Künstlern übernommen, die das Wort „Nigger“ in vielen Texten einsetzen.[4428]

Auch in Österreich gibt es ein frühes Beispiel für die Adaption eines abwertenden Begriffes in der Musik. Die Wiener Tschuschenkapelle griff Mitte der 1980er-Jahre das umgangssprachlich abwertend gebrauchte Synonym für „Gastarbeiter“ – „Tschusch“ – auf. Bandleader Slavko Ninić ist immer noch nicht sicher, ob das klug war. Er arbeitete damals mit Haydar Sari und Fritz Fellner für einen Verein zur Betreuung von Ausländern. Alle drei waren zugleich auch musikbegeistert und brachten einander Lieder bei. Nach getaner Arbeit saßen die drei oft noch in ihrem Stammbeisl, dem „Makedonija“ in der Laimgrubengasse, zusammen und spielten miteinander einfach zum Spaß Musik. Als es darum ging, der Freundesgruppe für Auftritte einen Namen zu geben, hatte ein österreichischer Bekannter folgenden Vorschlag: „Er sagte wortwörtlich: ‚Nennt’s euch doch Tschuschenband, weil Tschuschen seid’s eh.‘“ Slavko Ninić fühlte sich zunächst persönlich beleidigt, da er das Wort „Tschusch“ nicht ertragen konnte. Aber schließlich überredeten ihn die anderen, da dies doch provozierend und ironisch gemeint sei. Es sei eine Art kulturpolitische Offensive gewesen, denn damit hätten sie den Leuten den Wind aus den Segeln genommen. Dennoch ist er sich nicht sicher, ob es eine richtige Entscheidung war, den Weg der freiwilligen Selbstdiskriminierung zu wählen. Die Ironie wurde anfangs nicht von allen verstanden. So wollte der Österreichische Gewerkschaftsbund die Gruppe lange Zeit nicht buchen, um die ausländischen Kollegen nicht vor den Kopf zu stoßen.[4429]

Slavko Ninić, geboren 1952, wuchs im slawonischen Komletinci südlich von Vukovar auf. Seine Familie stammte aus dem kroatischen Teil Bosniens und siedelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Komletinci an. Das Unglück setzte sich fort: Sie übernahmen die Häuser der vertriebenen Deutschen. Doch dort waren sie mit den anderen kroatischen Bosniern Außenseiter. Die kulturelle Distanz zwischen den bosnischen Kroaten und den kroatischen Kroaten sei enorm gewesen, bezogen sich die Bosnier doch auch auf die osmanische Tradition und dies spiegelte sich auch im Liedgut wider. „Die Musik war eine Identitätssache“, meint Slavko Ninić, denn darin hätte sich der ganze Stolz der bosnischen Kroaten ausgedrückt. „Für mich sind nach wie vor die bosnischen Lieder die besten, diejenigen, die ich auch am besten singen kann und zu denen ich total stehe.“ Die Bedrückung angesichts der osmanischen Herrschaft sei noch spürbar, der Fatalismus, das Traurige. Wenn er diese Lieder singt, dann bekomme er noch heute eine Gänsehaut, weil diese Lieder „in die Seele“ gehen. Gute Musik muss für ihn ins Herz gehen, weswegen er keinen Zugang zu intellektueller Musik finden kann. Musik ist für ihn dann gut, wenn ihm Tränen in die Augen kommen.

Er weiß, dass die Wiener Tschuschenkapelle Nischenmusik spielt und dass sie mit ihrem Konzept, die Musik verschiedener Länder zu spielen, unter den Migranten zunächst auf wenig Gegenliebe gestoßen war. Damals seien die „Gastarbeiter“ nur in ihren Klubs gesessen und hätten sich ausschließlich die Musik der Gegend, aus der sie gekommen waren, angehört. Ihm sei das zu eng gewesen, meint Slavko. Einer seiner Sätze wurde schon oft zitiert: „Ich will nicht nur Musik aus meinem Dorf spielen, es gibt ja so viele Dörfer auf der Welt.“ Dass die Wiener Tschuschenkapelle sowohl türkische als auch griechische Musik spielte, war für die türkischen Gastarbeiter angesichts der türkisch-griechischen Spannungen zunächst eine Zumutung.[4430] Aber auch, dass sie Jugoslawen und Türken kulturell zusammenbringen wollten, war neu. Die Sehnsucht nach Harmonie und kreativer Verbindung war offensichtlich bei ausländerfreundlichen Österreichern stärker ausgeprägt als bei den Migranten, die erst in jüngster Zeit die Konzerte der Wiener Tschuschenkapelle zu besuchen beginnen. Der integrationspolitische Versuch, die vielen kleinen Ghettos zu öffnen, gelang der Wiener Tschuschenkapelle also nicht.

Inzwischen singt Slavko Ninić Lieder in sechs Sprachen. Das ehemalige Jugoslawien sieht er für sich als Grundlage für seinen Drang nach Vielfältigkeit. Im Radio hätten sie Musik aus allen Teilen Jugoslawiens gehört und von diesem musikalischen Reichtum profitiere er immer noch. Ist Österreich eigentlich ein guter Ort für Multikulti-Musik? Slavko Ninić sieht das Wien der Gegenwart als eine multikulturelle Stadt mit einer Tradition der Vermischung der Kulturen. Dass er mit der Wiener Tschuschenkapelle auch Wienerlieder spielt, ist demzufolge selbstverständlich, denn diese Lieder gehören für ihn zu den musikalischen Schätzen Österreichs, an denen er nicht vorbeigehen möchte.[4431]

Vom Gaudium zu Vertreibung und Nachdenklichkeit

Abschließend möchte ich einen Blick auf die österreichische Geschichte werfen. Wie die Zuwanderer der Gegenwart pflegten auch die Migranten zur Zeit der Habsburgermonarchie ihre Kultur in Landsmannschaften, Klubs, Restaurants und im privaten Bereich. Damals gab es zwar noch keine Radios, dafür war die Hausmusik sehr beliebt. Ich selbst besitze noch die Knopferlharmonika und die Geige meines aus Mähren stammenden Großvaters. Für jene, die vom Land direkt in die Stadt einwanderten, gehörte das Singen damals wie heute zum Leben, da sie es bei der Arbeit so gewohnt waren.[4432]

Am Ende meines Beitrages geht es aber nicht um die Musik der Zuwanderer, sondern um ihr Bild bei den vermeintlichen „Einheimischen“. Die Tschechen, die während der Habsburgermonarchie nach Wien gekommen waren, arbeiteten vornehmlich als Arbeiter – etwa in den Ziegelwerken – und als Handwerker. Der tschechische Schneider und Schuster galt einst in Wien als „Typus“, der zum Stadtbild gehörte. Da die tschechischen Migranten meist nur wenig Schulbildung genossen hatten und ihr Deutsch vor allem beim Arbeiten lernen mussten, machten sich die „Österreicher“ lustig über sie. Die Verballhornung fand ihren Niederschlag in einer Reihe von spöttischen Liedern. Die Titel lauteten beispielsweise „Der Wenzel kommt“ oder „Lauter Böhm“. Davon eine Strophe:

„Schaut man sich in der Wienerstadt die Firmatafeln an,
Die Huber, Müller, Meier, Schmidt, die sein verschwunden schon.
Sehr selten liest man solch an Nam’, die G’schäftsleut die sterb’n aus,
Anstatt an echten Weana Nam’ find’t man an jedem Haus,
Wo früher Huber g’standen is, da liest man sicher g’wiß:
Den Woselak, den Zwiketak, den Pschiste und den Haderlak,
den Jiritschek, den Gebernek und dann den Wenzel Tschiptschaptschek,
den Nawratil, den Wiskoczil und auch den schönen Nechledil,
den Woperhal, den Zapletal, die kommen allemal.“
[4433]

Auch die afrikanische Bevölkerung wurde zum Thema der Wiener Musik. Anlass boten die damals beliebten Völkerschauen, die im Wiener Prater stattfanden. In ihnen drückte sich das rassistische Überlegenheitsgefühl der Weißen gegenüber den angeblich „Wilden“ aus. Wie im Zoo wurden Afrikaner in nachgestellten Dörfern zur Schau gestellt, mussten ihre Tänze aufführen. Der Wienerlied-Librettist Peter Herz beschrieb in seiner Autobiografie, wie dieses Ereignis in charakteristisch österreichischer Weise zu einem Wienerlied genutzt wurde. Die „Fremde-Völker Schau“ der Ashanti habe in Wien besonderes Aufsehen erregt, „da die Männer dieses afrikanischen Stammes besonders schöne, maskuline Exemplare aufwiesen, welche insbesondere den Wienerinnen, die zu ihrer ‚Besichtigung‘ in Massen in den Prater zogen, gar sehr imponierten. Man sprach allgemein von diskreten Folgen dieser Besichtigungen. Tatsache war, daß nachher eine ganze Anzahl ziemlich dunkelhäutiger Babies in Kinderwagen durch die Straßen Wiens gerollt wurden. Auch die Wiener Volkssänger nahmen sich dieser Umstände an, und so erklang auf den Pawlatschen ein berühmt gewordenes Lied: ‚Ja, so ein Kongoneger, der hat’s gut!‘“[4434]

Dass diese Spottkultur von den Zuwanderern nicht immer als Scherz verstanden wurde, liegt auf der Hand. Immerhin regierte in Wien von 1895 bis 1918 die Christlichsoziale Partei, die den deutschen Charakter der Stadt Wien aufrechterhalten wollte und massiv gegen die kulturelle Selbstbehauptung von Minderheiten in Wien vorging. Eine andere Zuwanderergruppe, deren Sprache ebenfalls immer wieder verballhornt wurde, waren die Juden aus den östlichen Kronländern. Selbst die angepassten Juden schämten sich der „jiddelnden Ostjuden“, denn damit gelang es den Antisemiten, Juden generell als Fremde zu stigmatisieren. Der populäre Wienerlied-Komponist Hermann Leopoldi war selbst Jude. In dem von Artur Rebner getexteten „Soírée bei Tannenbaum!“ macht er sich lustig über die fehlerhafte Sprache neureicher ostjüdischer Zuwanderer. Daraus ein kurzes Beispiel:

„Tannenbaum und seine Gattin führ’n die Gäste stolz ins Brüdermeierzimmer mit die Makkaronimöbel,
zeigen die in echtem Öl gemalten Bilder dann,
wo das Öl leider heuer, doch so teuer.“
[4435]

Hermann Leopoldi wurde – wie viele seiner jüdischen Kollegen – von den Nationalsozialisten in ein KZ interniert und schrieb dort mit Fritz Löhner-Beda den Buchenwald Marsch. Löhner-Beda kam im KZ um, während Hermann Leopoldi die Flucht nach Amerika gelang. Es wird oft vergessen, dass viele vertriebene Österreicher und Deutsche in anderen Ländern genau dasselbe taten wie die Zuwanderer der Gegenwart: Sie spielten weiterhin ihre Musik und komponierten weiterhin auf ihre Weise, etwa Arnold Schönberg in Los Angeles. Seine Rückbesinnung auf Wien findet sich z. B. im Streichtrio op. 45 wieder. Im August 1946 hatte der zuckerkranke Schönberg einen schweren Herzanfall erlitten. Im Streichtrio verarbeitete er dieses Erlebnis, darunter auch das Koma und die auftauchenden Erinnerungen an sein Leben in Wien. Die Zitate von Walzerklängen gehören für mich zu den beeindruckendsten, unsentimentalsten und am wenigsten verklärten musikalischen Erinnerungen eines vertriebenen Musikers an seine kulturellen Wurzeln.

In New York gab es in den 1940er-Jahren eine äußerst lebendige Klubszene der Emigranten aus Österreich und Deutschland und wer wollte, konnte sich in Eberhardt’s Cafe Grinzing in der 79. Straße von Manhattan bei Hermann Leopoldi das holen, was auch heute Migranten in aller Welt immer wieder suchen: die Verbindung zur eigenen Kultur und angesichts des tobenden Weltkrieges: einen kurzen Urlaub von den Katastrophen in dieser Welt.[4436]

Da Österreich als eines der wichtigsten Länder für klassische Musik galt, gelang es einigen Vertriebenen in Amerika großartige Karrieren zu machen. In den 60er- und 70er-Jahren dominierten Musiker und Manager aus Österreich das Opernleben in New York derart, dass sie scherzhaft als „Wiener Mafia“ bezeichnet wurden. Aber andere erholten sich nicht mehr vom Schrecken der Bedrohung und Vertreibung.[4437]

Die Musiker, die sich heute mit dem Thema Migration und Multikulturalismus befassen, werden von der deutschen und österreichischen Geschichte zur Nachdenklichkeit gezwungen. Alfred Dorfers „Dahoam“ und „Der Asylant“ von Biermösl Blosn nehmen die Alltags-Fremdenfeindlichkeit in ihren Liedern aufs Korn, während Udo Lindenberg in „Bunte Republik Deutschland“ für eine multikulturelle Gesellschaft plädiert und in „Vom Opfer zum Täter …“ darüber nachdenkt, wie junge Menschen zu rechtsextremen Gewalttätern werden.

Wir sind nicht vornehmlich ethnische oder national definierte Wesen, unsere Identitäten sind viel facettenreicher. Manchmal werden Menschen aber auf die eine Identität reduziert, besonders dann, wenn sie dadurch ausgegrenzt werden können. Denken Sie doch selbst einmal darüber nach, wie Sie sich mit 20 Begriffen selbst beschreiben würden, und Sie werden merken, dass die Kategorie „Österreicher, Deutscher, Bosnier, Türke, Kroate, Kurde, Albaner“ usw. nur eine von vielen ist. Das Lied „Minderheit“ von Wolfgang Ambros aus der 1977 veröffentlichten LP „Hoffnungslos“ persifliert den Begriff „Minderheit“ und führt die damit einhergehende Ausgrenzung ad absurdum:

„Da ane erzöht vü, da aundere is stumm;
da ane lebt weida, da andere bringt si um.

Dem an is es zu haß, dem aundern is zu koid;
dea ane is zu jung und dea aundere is zu oid. 
Dea ane hot goanix, da aundere hot a Göd;
dem an gheat da Himme und dem aundan gheat de Wöd.

Da ane is häßlich, de aundere is sche,
de ane kennt no dobleibn, de aundere muaß scho geh.
A jeda gheat zu ana Minderheit, an jedn geht’s wos o;
a jeda hot a Handicap, an jedn geht’s aso.“
[4438]



[4393] Erstveröffentlicht in: John, Michael; Manfred Lindorfer (Hg.): migration – eine zeitreise nach europa. Ausstellungskatalog (= kursiv. eine kunstzeitschrift, Heft 10-1/2/03), Linz 2003. S. 77–95. Ausstellungskatalog zur Ausstellung „migration – eine zeitreise nach europa“ im Museum Arbeitswelt Steyr

[4394] Frisch, Max: Fragebogen. Frankfurt am Main 1998, S. 73.

[4395] Türkischer Kaffee in orientalischem Ambiente, Deutschlandradio Berlin vom 9. Sept. 2002.

[4396] Mozart in Egypt nach einer Idee von Hughes de Courson und Ahmed al Maghreby. Ein weiteres Beispiel wäre die CD „Dream of the Orient“ des Concerto Köln und Sarband, die 2003 erschienen ist.

[4397] http://www.vhs-husum.de/kursangebot/frauen/frauen.php3, vom 28. Februar 2003 [Anm. der Redaktion: der Link ist nur mehr unter web.archive.org erreichbar, Stand 2019].

[4398] Der Klassiker für die Konstruktionsstrukturen des Orientalismus: Said, Edward W.: Orientalism. New York 1978. – Mit der Aufschrift „türkische Hausmannskost“ werben inzwischen zahlreiche türkische Restaurants in Wien.

[4399] Vgl. auch Hemetek, Ursula (Hg.): Wege zu Minderheiten. Ein Handbuch. Klagenfurt/Celovec 1998, S. 107–120.

[4400] Im Juli 2001 wurde dem aus Nigeria stammenden Vorarlberger Delegierten Mike Chukuwuma – er besuchte den Bundeskongress der Grünen – und Bekannten der Einlass in eine Linzer Diskothek verwehrt.

[4401] http://www.lt1.at/cn2/1849.php3, vom 3. Februar 2003.[Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nur mehr unter web.archive.org erreichbar, Stand 2019]

[4402] Pyong Gap Min: Koreans: An ‚Institutionally Complete Community‘ in New York. In: Foner, Nancy (Hg.): New Immigrants in New York. New York 2001, S. 187ff. – Ein zweiter koreanischer Sender trägt den Namen „Christian Broadcasting“. – Vgl. auch http://www.metropolfm.de/.

[4403] Vgl. Becker, Jörg: Multiculturalism Broadcasting, http://www.wacc.org.uk/publications/md/md1998-3/becker.html, vom 24. Jänner 2003.[Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nur mehr über web.archive.org erreichbar:]

[4404] „Radio Orange 94.0“ – das freie Radio in Wien sendet jeweils Samstag und Sonntag von 10:00–11:00 in türkischer Sprache. „Merhaba FM“, die Sonntagssendung, hat auch einen CD-Sampler herausgebracht: „Best Mix Vienna Merhaba FM“.

[4405] Interview mit Ali Oymak und Yeşim Özcan, am 25. Jänner 2003 in Salzburg.

[4406] Vgl. Reinhard, Ursula; Tiago de Oliveira Pinto: Sänger und Poeten mit der Laute (= Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde Berlin, NF 47). Berlin 1989, S. 172.

[4407] Die Zuwanderer aus der Türkei sind in Österreich zu 98 % Muslime, ca. 4/5 davon Sunniten und 1/5 Aleviten.

[4408] http://www.aakm-cemevi.de/kulturwoche.htm, vom 28. Februar 2003. [Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nur mehr über web.archive.org erreichbar.]

[4409] Die beiden Interviewpartner sind auch darüber hinaus sehr aktiv. Zu Weihnachten boten sie den serbokroatisch sprechenden Familien an, die Kinder als Weihnachtsmänner zu besuchen und sie in ihrer Muttersprache anzusprechen. Mehr als 70 Familien hätten sich daraufhin gemeldet und die Resonanz sei überwältigend gewesen.

[4410] Adorno, Theodor W.: Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit. In: Adorno, Theodor W.: Eingriff. Neue kritische Modelle. Frankfurt am Main 1963, S. 125–146.

[4411] Interview mit Dragutin Frenkenberger und Hamdija Bekrić, am 16. Februar 2003 in Salzburg.

[4412] Das zuvor erwähnte Geschäft namens Akdeniz ist dafür eines von vielen Beispielen. Es befindet sich in Wien XVI., Payergasse 5. In diesem Geschäft gibt es eigens alljährlich zusammengestellte Sampler türkischer Volks- und Popmusik, arabesker Musik und Tanzmusik zu kaufen.

[4413] Bax, Daniel: Türkische Küsse. In: IFA. Zeitschrift für Kulturaustausch 3/1999; hier: http://www.ifa.de/zfk/themen/99_3_hysterie/dbax.htm [Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nicht mehr erreichbar, Stand: 2019.]

[4414] http://www.uni-oldenburg.de/~stroh/lateinamerika/blatt3.htm, vom 25. Februar 2003.[Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nur mehr via web.archive.org erreichbar, Stand: 2019]

[4415] Derartige Missstimmungen kommen unter Migranten immer wieder vor. In Österreich stießen beispielsweise die Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei, die 1968 nach Österreich geflüchtet waren, auf wenig Verständnis bei den alteingesessenen Wiener Tschechen, die bis zum Zusammenbruch der Monarchie nach Wien gekommen waren.

[4416] Interview mit Zoran Sijaković, geb. 1970 in Novi Sad, am 31. Jänner 2003 in Salzburg.

[4417] Interview mit Berislav Knezevic, am 19. Februar 2003 in Wels.

[4418] Kopiez, Reinhard; Guido Brink: Fußball – Fangesänge. Eine FANomenlogie. Würzburg 1998, bes. 223ff. –Funk-Hennigs, Erika; Johannes Jäger: Rassismus, Musik und Gewalt. Ursachen – Entwicklungen – Folgerungen (= Politik. Verstehen und Handeln, Bd. 8). 2. Aufl. Münster 1996.

[4419] http://www.kamalatta.de/opferperspektive/Feindbilder.htm, 24. Jänner 2003. [Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nur mehr über web.archive.org erreichbar.

[4420] Lightkultur persifliert den vom Vorsitzenden der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Friedrich Merz, Ende 2000 geprägten Begriff der deutschen Leitkultur.

[4421] Gemeint ist die 1995 von der ORF Redaktion, Heimat, fremde Heimat, herausgegebene CD mit dem Titel „Hausgemacht. Hausmusik der österreichischen Volksmusik“.

[4422] Fludernik, Monika; Miriam Nandi: Hybridität. Theorie und Praxis. In: Polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren, 8, 2001, S. 7–24.

[4423] Musik afrikanischer Zuwanderer bleibt in Österreich vorerst nur eine Randerscheinung, zu stark ist der Druck, der von politischer Seite und der Öffentlichkeit auf ihnen lastet. Hingegen touren afrikanische Bands immer wieder erfolgreich durch Österreich und die Kurse für Trommeln und Tanz finden beim österreichischen Publikum regen Zuspruch. – Vgl. Essmeister, Rafaela: Pole ni mwendo – Langsam aber sicher. Eindrücke aus der afrikanischen Musikszene Wiens. In: Sauer, Walter (Hg.): Das afrikanische Wien. Ein Führer zu Bieber, Malangatana, Soliman (= Studien zum Südlichen Afrika, Bd. 2). Wien 1996, S. 80–88.

[4424] Vgl. Interview mit Tyron Ricketts. In: Loh, Hannes; Murat Güngör: Fear of a Kanak Planet. HipHop zwischen Weltkultur und Nazi-Rap. Höfen 2002, S. 251ff.

[4425] Der Text entstammt dem Begleitheft der CD Brothers Keepers #1, Lightkultur.

[4426] http://www.brothers-keepers.de, 28. Jänner 2003.[Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nur mehr via web.archive.org> erreichbar.]

[4427] http://www.kanak-attack.de/main.html, 31. Jänner 2003. [Anm. der Redaktion: Die Adresse ist nicht mehr erreichbar, Stand: 2019]

[4428] Vgl. z. B. das Kapitel „Der ‚Nigger’ und das Ghetto.“ In: Kage, Jan: American Rap. Explicit Lyrics – US-HipHop und Identität. Mainz 2002, S. 129ff.

[4429] Slavko Ninić beschreibt schmunzelnd eine Szene: Ein Kind sagte zu seinem Vater: „Schau, da spielt eine ‚Tschuschenkapelle‘.“ Daraufhin wies der Vater seinen Sohn zurecht: „Man sagt nicht ‚Tschusch‘.“ – Über die Wiener Tschuschenkapelle gibt es ausreichende Information im Internet. – Vgl. auch Hemetek, Ursula: Mosaik der Klänge. Musik der ethnischen und religiösen Minderheiten in Österreich (= Schriften zur Volkskunde, Bd. 20). Wien–Köln–Weimar 2001, S. 386ff.

[4430] Weitere Beispiele der spannungsüberschreitenden Kooperation: Maria Farantouri und Zülfü Livaneli und die Wiener griechisch-türkische Gruppe „Lakis und Achwach“.

[4431] Interview mit Slavko Ninić, am 1. Februar 2003 in Wien.

[4432] Vgl. die Kapitel über die Musik der Italiener in Vorarlberg, der Tschechen und Slowaken in Wien in Hemetek, Ursula: Mosaik der Klänge. Musik der ethnischen und religiösen Minderheiten in Österreich (= Schriften zur Volkskunde, Bd. 20). Wien–Köln–Weimar 2001, S. 225ff. und 262ff. – Slavko Ninić erzählt im Interview, dass er in seiner Kindheit immer lauthals sang, etwa am Schulweg. Damals habe sich alles im Freien abgespielt und Singen niemanden gestört. Heute jedoch geniert sich seine Tochter, wenn er in Wiens Straßen plötzlich zu singen beginnt.

[4433] Lorens, Carl: Lauter Böhm (Der Nawratil, Wiskoczil, Nechledil). In: John, Michael; Albert Lichtblau: Schmelztiegel Wien – einst und jetzt. Zur Geschichte und Gegenwart von Zuwanderung und Minderheiten. 2. Aufl. Wien–Köln–Weimar 1993, S. 365.

[4434] Herz, Peter: Gestern war ein schöner Tag. Liebeserklärung eines Librettisten an die Vergangenheit. Wien 1985, S. 13. – Über die Völkerschau vgl. Schwarz, Werner Michael: Anthropologisches Spektakel. Zur Schaustellung „exotischer“ Menschen, Wien 1870–1910. Wien 2001, bes. S. 147ff („Ashanti-Dörfer“).

[4435] Weiss, Hans; Ronald Leopoldi: Hermann Leopoldi und Helly Möslein. „In einem kleinen Café in Hernals …“. Eine Bildbiographie. Wien–München–Zürich o.J., S. 8 und 111.

[4436] In den letzen Jahren bemüht sich der „Orpheus Trust“ um die Dokumentation der Geschichte der aus Österreich vertriebenen Musiker. – Vgl. auch Klösch, Christian; Regina Thumser: „From Vienna“. Exilkabarett in New York 1938 bis 1950. Wien 2002. – Heister, Hanns-Werner; Claudia Maurer Zenck; Peter Petersen (Hg.): Musik im Exil. Folgen des Nazismus für die internationale Musikkultur. Frankfurt am Main 1993. – Hermann Leopoldi verarbeitete seine Exilerfahrung auch musikalisch. Diese Lieder sind auf einer CD mit dem Titel „Hermann Leopoldi in Amerika“ bei Preise Records erschienen. Auch Hanns Eisler verarbeitete die Exilerfahrung musikalisch. Diese Lieder sind unter dem Titel „The Hollywood Songbook“ als CD erschienen.

[4437] Thumser, Regina: Vertriebene Musiker: Schicksale und Netzwerke im Exil 1933–1945. Salzburg 1998 (unveröff. Dissertation), S. 278ff. – Aglassinger, Stefan; Albert Lichtblau; Regina Thumser: Wiener Mafia, Österreicher an New Yorks Opernhäusern, 2001 (Videodokumentation).

[4438] http://www.wolfgangambros.at/disco/lied084.htm, vom 25. Februar 2003 [Anm. der Redaktion: Der Link ist nur mehr unter web.archive.org erreichbar]. – Für zahlreiche Hinweise danke ich allen Interviewpartnern, Ursula Hemetek, Michael John, Martha Keil, Anna Stiftinger und Regina Thumser.

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