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Hochzeitsbrauchtum im Salzburger Flachgau. Polterabend und Heanatanz (Michael Becker)[5103]

Auch im Land Salzburg ist es üblich, einige Tage vor der Hochzeit einen Polterabend abzuhalten, wobei der Bräutigam im Kreise seiner Freunde Abschied vom Junggesellendasein nimmt. Der Bräutigam verläßt den Stand der Ledigen und wechselt in den Stand der Verheirateten über, wo ihn nun neue Rechte und Pflichten erwarten. Gleichsam um sich vom Stand der ledigen Burschen loszukaufen, hat nun der Bräutigam für die Zeche, die ursprünglich aus einer bestimmten Menge Wein bestand, aufzukommen. Mit dem Zahlen des Weines erlosch die Verpflichtung des Bräutigams an die Burschenschaft des Ortes. Beim Polterabend handelt es sich um einen Abschieds-, um einen Trennungsritus, woran auch der Name „Junggesellenabschied“, der gelegentlich für den Polterabend gebraucht wird, erinnert. Der Name Polterabend selbst kommt von dem dabei erzeugten Lärm; ursprünglich zerschlug man nämlich auf einem Polterabend auch Geschirr. Dieses Zerschlagen von Töpfen und Geschirr begegnet uns immer wieder. Im Haushalt fand zu bestimmten Zeiten im Jahres- und im Lebenslauf eine Erneuerung des Hausrats statt, so zum Beispiel zu Neujahr, zu Ostern, zu Erntefesten, bei Hochzeiten oder beim Tod. Zu diesen Anlässen wurde Geschirr zerschlagen, um auf diese Weise einen neuen Abschnitt im Jahreslauf oder im Leben anzuzeigen. An eine Vertreibung von bösen Dämonen durch den dabei erzeugten Lärm denkt heute niemand mehr.

Der Polterabend war bis vor einigen Jahren eine reine Angelegenheit der männlichen Jugend . Auch war der Zeitpunkt eines Polterabends stets der Vorabend vor dem Hochzeitsfest. Heute wird meist ein Wochenende vor dem Hochzeitstermin gepoltert; sicherlich ein Vorteil für den Bräutigam, denn übermäßiger Alkoholgenuß ist heute eines der Merkmale eines Polterabends. Daneben aber sollen vor allem die Gemütlichkeit und der Gesang nicht zu kurz kommen. Daß der Bräutigam in irgendeiner Form „draufzahlen“ muß, ist auch heute allgemein üblich. Oft muß sich der Bräutigam mit Wein oder Bier von seinen Qualen loskaufen; sicherlich liegt hier noch ein Rest des Gedankens zugrunde, sich von seinem Stande loszukaufen. So wird zum Beispiel in Obertrum der Bräutigam auf einen Wagen gebunden und durch den Ort gezogen, in Seeham wird er gebunden und in einer Scheibtruhe durch den Ort gefahren, ähnliches wird aus vielen Orten des Flachgaues berichtet. In Elsbethen wird dem zukünftigen Ehemann ein Stock durch die Rockärmel gesteckt, so daß er bei der Wirtshaustür nicht mehr herauskommt.

Um einen Polterabend kommt der Hochzeiter heute fast nicht mehr herum, seine Freunde erinnern ihn schon rechtzeitig daran und setzen sogar nicht selten selbst den Termin dafür fest. In St. Gilgen wird der Bräutigam „gekreuzigt“, wenn er keinen Polterabend durchführen will. Einige Tage vor der Hochzeit wird er gepackt und solange auf ein Holzkreuz gebunden, bis er ein Faß Bier bezahlt. Dieses Kreuzigen kam nach dem Zweiten Weltkrieg auf; vermutlich wurde diese eher derbe Sitte von Salinenarbeitern aus der Ausseergegend eingeführt. Bis vor einigen Jahren war es hier auch noch üblich, den Bräutigam zu „hobeln“; hierbei stellte man verschieden hohe Tische zusammen, und der Arme wurde solange darüber „gehobelt“, bis er die Zeche gezahlt hat.

Der Polterabend kommt im städtischen Bereich genauso vor wie im ländlichen. Eine einheitliche Form läßt sich heute nicht mehr feststellen. Dennoch aber überwiegt der Fall, daß der Bräutigam alleine (also ohne Braut) mit seinen Freunden, meist einige Tage vor der Hochzeit, einen Polterabend abhält. Besonders in Vereinen ist das Abhalten eines Polterabends Sitte, und die Mitglieder bestehen darauf, daß diese eingehalten wird. Die Vereine haben heute vielfach die Sitten, Bräuche und Aufgaben der früheren Burschenschaften eines Ortes übernommen, und so leistet der Bräutigam seine „Abgabe“ nicht mehr an die Burschenschaft, sondern an den Verein, in dem er Mitglied ist. Erst später kam es dann auf, auch die Arbeitskollegen zum „poltern“ einzuladen.

Einen ähnlichen Sinn wie der Polterabend, nämlich der Abschied von den Jugendfreunden, hatte der Heanatanz. Diese Bezeichnung findet man im gesamten Flachgau, allerdings ist dieser Ausdruck nur bei der ländlichen Bevölkerung gebräuchlich. Dieser Heanatanz, der etwa bis zum Zweiten Weltkrieg wirklich noch ein Tanz war, fand immer am Vorabend der Hochzeit im Hause der Braut statt. Freundinnen und Freunde der Braut, besonders aus der Nachbarschaft, und auch der Bräutigam nahmen daran teil. Die Eingeladenen wurden bewirtet, jedoch stand der Tanz im Mittelpunkt der Feier. Bei den heutigen Polterabenden ist ja ein Tanz nicht üblich, denn es ist Sitte, daß Bräutigam und heute auch schon die Braut getrennt mit ihren Freunden bzw. Freundinnen poltern.

Karl Adrian erklärt den Namen Heanatanz damit, daß es früher üblich gewesen sei, der Braut Hühner mitzubringen und die Tiere dann in der Stube frei laufen zu lassen. Wahrscheinlich spielt hier das Huhn als Symbol der Fruchtbarkeit eine Rolle; man wünschte somit der angehenden Bäuerin mit diesem Geschenk einen reichen Kindersegen, wie auch Karl Zinnburg schreibt. Beim Heanatanz war auch der feierliche Handschlag üblich, womit die zukünftige Ehe endgültig beschlossen wurde. Dieser Heanatanz, der Tanz mit den Nachbarsmädchen und -burschen im Hause der Braut, kommt heute nicht mehr vor. Die Wende vom Heanatanz zum Polterabend wird allgemein mit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg angegeben.

Erfährt die Dorfgemeinschaft von einer bevorstehenden Hochzeit eines Paares, so ist es im Flachgau nicht üblich, jemanden von den Brautleuten durch ein Zeichen oder einen Scherz an eine frühere Verbindung oder Freundschaft mit einem anderen Mädchen oder Burschen zu erinnern, wie dies aus anderen Gebieten unserer Heimat bekannt ist. Nur bei der Hochzeit selbst wird der Bräutigam gelegentlich an frühere Liebschaften erinnert. Bei einer günstigen Gelegenheit wird versucht, dem Bräutigam unbemerkt einen Strohzopf auf der Rückseite seines Rockes anzubringen. Je länger dieser dann unbemerkt herumgetragen wird, umso größer ist auch das Gelächter.

Aus Arnsdorf und dem benachbarten Innviertel wird ein Brauch berichtet, der dem üblichen Polterabend sicherlich verwandt ist und auch im bayerischen Raum unter dem Namen „Kranzlbier“ bekannt ist. So wird in Arnsdorf etwa eine Woche vor der Hochzeit ein Kranz für die Haustüren der beiden Brautleute und auch ein Bogen für den Eingang der Kirche mit der Aufschrift „Hoch lebe das Brautpaar“ geflochten. Diese Kränze werden von der Dorfjugend gebunden, oft wird auf dem Fichtenkranz noch ein Kinderfläschchen, ein Schnuller oder Blumen angebracht. Heimlich bei Nacht werden dann die zwei Kränze um die Haustüre der Braut und des Bräutigams gebunden. Auch Schildchen wie „Viel Glück der Braut“ werden angebracht. Dafür werden die Kranzbinder noch während der Zeit des Aufgebotes an einem Abend vom Brautpaar reichlich bewirtet. Dies nennt man das Kranzlbiertrinken.

In anderen Flachgauer Orten ist es heute sehr selten geworden, die Häuser von Braut und Bräutigam zu schmücken. Es dürfte sich bei diesem Brauch um ein Relikt aus der Zeit handeln, als die Hochzeit noch auf dem Bauernhof gefeiert und zu diesem Zweck der Hof geschmückt wurde.

Über das Kranzlbier im bayerischen Raum können wir bei F. Hager und H. Heyn (Liab, leb und stirb. Rosenheim 1976, S. 24) folgendes lesen: „Ist die Nacht angebrochen, dann bringen die Burschen und Dirndln leise den Kranz zum Hochzeitshaus, um ihn dort mit laut dröhnenden Hammerschlägen am Türpfosten zu befestigen. Ist das Werk vollbracht, wird noch der Braut in die Kammer geleuchtet. Für die erwiesene Ehre spendet das Brautpaar das Kranzlbier, bei dem Tanz und Lustbarkeiten erst in später Stunde ein Ende finden.“

Im Zweifi

Alleweil bin i im Wigl, im Wagl, Boids a so bleibat, freigabi und lachad
heirecht i ’s Diandl, heirecht i ’s net? und liab bis eine in d’ Ewigkeit,
I bi hoit a so a damischa Lackl, boids wirkli so bleibad, mei Diandl, nachad
dea von da Liab schia goa nix vosteht. heirecht i ’s woih am liaban nu heut.

Alleweil bin i im Wigl, im Wagl, Boids aba aufhöat mitm Schötoa, mitm Atzn
gabs oane, de so aufkocht wia sie? nach insana Hozat, wia weads voleib?
Sie fuadat mi hea wia ihre kloan Fackl, I moa, da brauch i woih weida net z’schatzn,
und grad de bessan Bröckei kriag i. wann i im Wigl und Wagl bleib ...

Theodor Kürzl



[5103] Zeitschrift „Salzburger Heimatpflege“, 7. Jg., März 1983, S. 93–98.

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