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Der Verein „D’ Gaisberger“ in Salzburg (Adolf Freudl) – Langtext

Vorwort

In Salzburg bestand von 1894 bis 1971 der Verein „D’ Gaisberger“. Er stellt ein typisches Beispiel früher kleinbürgerlicher Trachtenvereine dar. Wenige Vereine dieser Art wurden bereits vor der Jahrhundertwende in Salzburg gegründet; die meisten entstanden erst in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Wesentlicher Zweck dieser Vereine war die Geselligkeit und die Suche nach einer „bäuerlichen“ Welt mit geregelten Sitten und Bräuchen, die den Mitgliedern Beheimatung in der Stadt und gesellschaftliche Verankerung schaffen sollten.[4860] Im Folgenden werden die erhaltenen Protokollbücher dargestellt.

Ein Verein entsteht

Ein im Kurztext aufrufbares Bild zeigt – aus einem von drei in Form von Protokollbüchern erhaltenen Originaldokumenten – das Deckblatt des als Vereinsbuch bezeichneten eigentlichen Kassabuches. Interessant wird es gleich auf Seite zwei, weil hier in gestochener Kurrentschrift mit dem ausgewiesenen Datum „14. April 1894“ sowohl die Gründungsmitglieder als auch der Ausschuss (= Vorstand) namentlich angeführt werden.

Als Gründungsmitglieder werden genannt:

  • Otto Ketterle, Hilfsbeamter

  • Heinrich Spanberger, Maschinenputzer

  • August Kloiber, Tischler

  • Otto Maier, Schlosser

  • Andreas Gfrerer, Bürodiener

  • Karl Maier, Magazinmeister

  • Anton Wolfensinger

  • Josef ...

  • Leopold Schwärz, Gastwirt

  • Johann Kropok, Agent

  • Theodor Kost, Schlosser

Der Ausschuss setzt sich aus folgenden Personen zusammen:

  • 1. Vorstand: Otto Ketterle

  • 2. Vorstand: Theodor Kost

  • Schriftführer: Sebastian Berger

  • Kassier: Leopold Schwärz

  • Vorplattler:[4861] August Kloiber

  • 1. Beisitzender: Friedrich Sesselmann

  • 2. Beisitzender: Franz Bagold

  • „gewählt u. gerichtlich angezeigt 14. April 1894“ Ketterle

Das Vereinsleben

Mit 13. Jänner 1895 erfolgte die erste Inventaraufnahme des vor wenigen Monaten gegründeten Vereines mit einem Gesamtwert von 83 Gulden und 45 Kreuzern. Penibel aufgelistet werden unter anderem eine Vereinskassa, ein Vereinsschild, 6 Paar Stutzen, 5 Paar Hosenträger, aber auch 7 Kerzen nebst 36 Kerzenhaltern.

In den ersten Jahren des Bestehens dürfte es nur männliche Vereinsmitglieder gegeben haben. Erst aus einem Protokoll der nächsten Jahre ergibt sich ein etwas anderer Eindruck. So hat Schriftführer Franz Kern am 25. Mai 1897 Folgendes niedergeschrieben: „In der Ausschußsitzung wurde beschlossen, daß Frauenzimmer unbescholtener Weise in den Verein aufgenommen werden können und eine Aufnahmegebühr von dreißig Kreuzern zu entrichten haben u. pr. Monat zehn Kreuzer Einzahlung zu leisten haben, aber jedoch nicht wahl- und stimmberechtigt sind. Ferner wurde vom Ausschuß bewilligt einen Ausflug nach Berchtesgaden zu unternehmen, wo sämtliche Mitglieder frei sind. Mit einem mächtigen ‚Gsund samma‘ schließt die heutige Sitzung.“

Das zum 1. Dezember 1897 aufgenommene Protokoll gibt folgenden Beschluss wieder: „… daß die Christbaumfeier [Anm.: In dieser Gesellschaftsschicht war ein häuslicher Christbaum damals noch unüblich] abgehalten wird sowie sämtliche Mitglieder und auch deren Freunde aufs herzlichste eingeladen sind. Auch wird jedes Mitglied ersucht, zur Herstellung des Christbaumes den Betrag von 10 Kreuzern zu entrichten. Vom Überschusse dieser Feierlichkeit wird dann eine Schlittenpartie gemacht, wohin aber, noch nicht bestimmt ist. Dann wurde beschlossen, daß das Kranzl am 8. Jänner abgehalten wird u. ein Comite zu wählen ist, welches dann das weitere besorgen wird.“

Das im gleichen Jahr niedergeschriebene Inventar zeigt bereits eine ziemliche Wertsteigerung, denn als Gesamtsumme sind 173 Gulden 40 Kreuzer notiert (7 Hosen zu 35 Gulden, 7 Paar Stutzen zu 7 fl. 50 kr, 6 Hüte zu 8 fl. 50 kr, 4 Paar Hosenträger, 1 Vereinshorn zu 12 fl., 1 Vereinshumpen, 1 Vereinskassa, 1 Vereinsschild, 1 Dekorationsschild, 1 Humpenständer, Fotografien, Stempel, Almglocken, 1 Almhütte zu 45 fl., Geräte zum Ländlertanz, 6 Schnapsgläser).

Alle danach – in äußerst unregelmäßigen Abständen, letztmalig am 15. Mai 1933 – durchgeführten Inventaraufnahmen zeigen zwar immer mehr vereinseigene Gegenstände auf; eine summenmäßige Bewertung wurde jedoch nicht mehr vorgenommen.

Im Protokoll der Generalversammlung vom 15. Jänner 1899, Beginn um 3 Uhr nachmittags, ist die Rede von 22 anwesenden Mitgliedern, angeführt vom Vorstand Kain und Vizevorstand Neubauer. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um August Neubauer (1870–1950). Dieser arbeitete ab spätestens 1893 als Handschuhmachermeister und Lederhosenerzeuger für die Firma Jahn in Salzburg. Er gehörte zu den wichtigsten Trägern der Trachten- und Brauchtumsideen jener Zeit. Ab 1901 war er Vorstand des, 1891 gegründeten, „Touristen-Geselligkeits-Clubs Alpinia“, dessen Ehrenpräsident er bis zu seinem Tode blieb.[4862] Es ist daher anzunehmen, dass Neubauer Praxis und Wissen aus der „Alpinia“, der er wohl ab 1893 angehörte, in den Verein der „D’ Gaisberger“ einbrachte. Mit den „Gaisbergern“ war damit ein Trachtenverein für das Kleinbürgertum – neben der großbürgerlichen „Alpinia“ – entstanden.[4863]

Von der Tagesordnung her wurde diese Versammlung mit dem Kassabericht eröffnet; an Geldvermögen allein wird ein Betrag von 209 fl. 71 kr. ausgewiesen. „Wurde von den gewählten Revisoren Niedermüller und Wagner revidiert und richtig befunden“, so der ausdrücklich angebrachte Vermerk. Punkt II dieser Generalversammlung war die Wahl des Ausschusses: Gewählt wurden Altvorstand Alois Wagner, Vizevorstand Johann Trauner, Kassier Josef Stockinger, Schriftführer Fr. Hormayr, Vorplattler Georg Köpfelsberger, Archivar Hermann Troppauer, Beisitzer S. Ernleitner. Was allerdings sonst noch besprochen wurde, ist dem Protokoll (leider) nicht zu entnehmen, aber es müssen noch viele Punkte gewesen sein, da das Ende dieser Generalversammlung mit ½ 7 Uhr abends festgehalten wurde.

Drei Tage später, nämlich am 18. Jänner, hat es bereits wieder eine Ausschusssitzung gegeben, wo es jedoch nicht nur um die Ausrichtung einer Faschingsveranstaltung gegangen ist, sondern es war auch die Rede von Streitigkeiten im Verein und der statutenmäßigen Abwicklung eines Vereinsaustrittes.

Wenn man dieses erste von zwei Protokollbüchern weiter liest, bekommt man unweigerlich den Eindruck, dass dieses letzte Jahr des 19. Jahrhunderts (1899) überhaupt ein sehr reges Jahr für den Verein gewesen sein muss. Weitere Eintragungen sind nämlich notiert für den 1. Februar, 29. März, 10. Mai, 31. Mai, 25. Juni, 31. Oktober, 7./11./28. November. Auch die Folgejahre müssen sehr aktiv gewesen sein, weil eine Unmenge von Protokollen der Monatssitzungen existiert.

Am 15. Jänner 1902 wurde dann in einer Ausschusssitzung berichtet, „daß am 22. Dezember 1901 im Gasthaus zum blauen Stern in Maxglan eine Christbaumfeier abgehalten wurde und in Mödlhammers Localitäten der Alpine Ball.“ Der Kassenstand war in der Zwischenzeit auf 448 fl. 8 kr. gestiegen.

Die letzte Ausschusssitzung des Jahres 1903 wurde am 22. November abgehalten. Dabei lässt der Vorplattler ausdrücklich protokollieren, dass „bei den Rundtänzen die Tänzer zweimal herum tanzen können sollen, bevor abgelöst werden darf. Außerdem ist gegenüber den Dirndln gebührender Anstand einzuhalten!“ Als Schriftführer ist in dieser Zeit ein Herr Schwarzenbacher tätig, als Vorstand (heute würde man Obmann dazu sagen) fungiert ein Paul Börner.

Am 21. Jänner 1906 wurde laut Protokoll die Generalversammlung abgehalten: Auf der Tagesordnung standen nur zwei Punkte, nämlich der Kassabericht und die Neuwahl des Vorstandes. Zu dem vom Kassier Josef Steinbacher verwalteten Geldbestand von 363 fl. 86 kr. gibt es den Vermerk: „Die Bücher wurden vom II. Vorstand Kain Josef, Robl und Fritz Koppenhöfer geprüft und für richtig befunden.“ – In den Ausschuss wurden folgende Mitglieder gewählt:

  • I. Vorstand: Paul Börner

  • II. Vorstand: Josef Stockinger

  • Kassier: Josef Steinbacher

  • Schriftführer: Ludwig Vogl

  • Vorplattler: Fritz Koppenhöfer

  • I. Beisitzer: Josef Robl

  • II. Beisitzer: Christian Kain

  • Archivar: Karl Frank

Bereits eine Woche später, am 28. Jänner, wurde eine Ausschusssitzung abgehalten, in der es einen Tagesordnungspunkt „Anträge und Beschwerden“ gibt. „Auf Antrag sämtlicher Ausschussmitglieder wird der Schriftführer Ludwig Vogl ermahnt, womöglich bei jeder Ausschusssitzung zu erscheinen, indem der Schriftführerposten ein wichtiger Posten ist.“ Diese Textierung lässt mehrere Schlüsse zu – entweder war man mit den ehrenamtlichen Vorstellungen des Ludwig Vogl nicht ganz einverstanden oder man wollte ihn einfach arbeitsmäßig auf die Linie des Vereines einschwören. Die umfangreichen Aufzeichnungen der bisherigen Vereinsgeschichte lassen ja den Schluss zu, dass der Position des Schriftführers wirklich großer Wert beigemessen wurde.

Bei der Besetzung dieser Funktion mit Ludwig Vogl hat man aber leider keine glückliche Hand gehabt, wie sich wenige Monate später herausstellte. Es hat nämlich noch im gleichen Jahr einen Bruch gegeben, denn das Protokoll der Sitzung vom 23. September 1906 unterfertigte ein Adolf Bachmeier. Der Grund für diese plötzliche Änderung dürfte jedoch persönlicher Natur gewesen sein, denn Ludwig Vogl musste seiner Militärpflicht nachkommen. Der Schriftführer scheint keine gefragte Position gewesen zu sein, weil ab dem März 1908 fast bei jeder Sitzung ein anderer Name aufscheint: Leopold Reinmeier, Martin Gretschmeier, Anton Mallinger, Johann Tomajsek, K. Frank, Alois Sturm.

Im Mai 1909 ist die Rede von der Teilnahme des Delegierten Schwambauer an einem Gaufest in der Nähe von Augsburg; dafür wird ihm laut Beschluss eine Kostenentschädigung zugesprochen. In der gleichen Sitzung wird in Aussicht gestellt, dass für den Gauvorstand F. H. Huber ein Präsent zu seinem 25-jährigen Jubiläum geplant ist (nähere Angaben über Art des Präsents und Jubiläum sind nicht eruierbar).

In der Sitzung vom 13. April 1910 wurde beschlossen, am 22. Mai (Dreifaltigkeitssonntag) ein Gartenfest abzuhalten, verbunden mit einem Glückshafen – als Musik ist die „Siezenheimer Bauernkapelle“ dabei. Des Weiteren wurde für den 19. Juni eine Vergnügungsfahrt mit dem Leiterwagen nach Oberndorf festgelegt – männliche Mitglieder hatten dafür eine Krone zu zahlen.

Protokoll vom 28. August 1911

„Der Vorstand eröffnete die Ausschusssitzung um ½ 9 Uhr abends im Beisein des II. Vorstandes Paul Börner, Herrn Kullnigg, Ginzinger und Karl Frank mit einem ‚machtigen Gsundsamma‘; nach einer kurzen Zeit erschien auch Herr Josef Steinbacher, Kassier [Anm.: Letzterer wird in dieser Funktion erstmals im Mai 1903 erwähnt und übt sie – mit einer kurzen Unterbrechung 1912 und 1913 – definitiv bis 1924 aus. Im Jahre 1925 kommt es dann aber sogar zu mehrfachen Anträgen auf seinen Ausschluss aus dem Verein; nach dem Mai 1925 taucht sein Name in keinem Protokoll mehr auf.]

Beschlossen wurde

im I. Punkt:

Da zum Fest der Hochgründecker von unserem Verein keine Abordnung erscheinen kann, so wird das Eintrittsgeld für 10 Mitglieder eingesandt. Herr Vorstand Steiner übernahm die Zuschrift.

II. Punkt:

Es wird streng hingewiesen, daß an den Vereinsabenden die zur Schulung gehörigen Mitglieder Punkt 8 Uhr zu erscheinen haben, das sind der Musikant, der Tanzlehrer und die Schüler.

III. Punkt:

In Betreff der Tracht wurde noch nichts Endgültiges entschieden.

IV. Punkt:

Freitag, den 8. September, wurde der Ausflug [Anm.: Reisen und Ausflüge gehörten zu den Höhepunkten des Vereinslebens jener Zeit. Die Spezifika dieser Vereinsreisen beschreibt Ulrike Kammerhofer-Agggermann[4864]] nach Kaltenhausen bestimmt und zwar per Bahn: Salzburg, St. Leonhart, Hallein, Salzburg; die Fahrt wird aus Vereinsmitteln bezahlt. Auch werden die Mitglieder ersucht, ihre Monatsbeiträge nachholen zu wollen, um der Vereinskassa die nötige Kraft verleihen zu können.

V. Punkt:

Wurde über Antrag des II. Vorstandes ein Besuch zum Alpinia Abend im Kurhaus an einem der nächsten Mittwoche vor Schluss der Saison bestimmt, wo auch das Entree bezahlt wird [Anm.: Die Abende der ‚Alpinia’ im Kurhaus waren weithin bekannte und gesellschaftlich hochrangig besetzte Bälle].

Schluss der Sitzung um ¾ 11 Uhr nachts mit einem Gsundsamma!!!“

Im Protokoll zur Generalversammlung vom 19. März 1914 wird der gesamte Ausschuss namentlich genannt, darunter erstmalig (!) in einer Vorstandsfunktion des Vereines eine Frau:

  • I. Vorstand: Paul Börner

  • II. Vorstand: Lampert Günzinger

  • I. Schriftführer: Johann Litzlhammer

  • II. Schriftführer: Michael Leeb

  • I. Beisitzender: Anton Kullnig

  • II. Beisitzender: Anton Aglassinger

  • I. Vorplattler: Josef Aigner

  • II. Vorplattler: Karl Dornstauder

  • I. Kassier: Josef Steinbacher

  • II. Kassier: Resi Frank

  • I. Hornwart: Alois Mühlbauer

  • II. Hornwart: Ferdinand Buchinger

  • Archivar: Josef Aigner

Scheinbar unbeeinflusst von den politischen Wirren des Ersten Weltkrieges (1914–1918) beschloss der Ausschuss, dem I. Vorstand des Vereines für seine verdienstvolle Leitung des Vereines am 28. August 1915 ein Diplom zu überreichen und Paul Börner damit zum „Ehrenvorstand“ zu ernennen. Die im Protokollbuch enthaltene Abschrift dieses Diploms trägt die Namen und Unterschriften von fünf Vorstandsmitgliedern: Lampert Günzinger mp., Michael Leeb mp., Anton Kullnigg mp., Josef Steinbacher mp. und Theresia Frank mp.

Für die vier Jahre, die der Erste Weltkrieg dauerte und der das gesamte gemeinschaftliche Leben zum Erliegen brachte, fehlen dann – verständlicherweise – jegliche Eintragungen.

Erst mit dem 25. Mai 1919 wurde das nächste Protokoll einer Generalversammlung festgehalten. Als ersten Punkt dieser Versammlung hält der I. Vorstand (Paul Börner) einen Rückblick über die verflossenen Kriegsjahre. Er dankt allen Mitgliedern für die „stramme Zusammenhaltung“ in der schweren Zeit und ersucht alle, für die künftigen Jahre wieder die Pflichten wahrzunehmen und mit Freude zu tanzen. Dieser große zeitgeschichtliche Einschnitt dürfte aber auch am Verein nicht so ohne weiteres vorübergegangen sein, denn für das Jahr 1920 gibt es keinerlei Aufzeichnungen.

Aus den Büchern sehen wir als Inhalte des Vereinslebens den Besuch anderer Vereine, Tanzabende und Kränzchen. Aufführungen von Bräuchen werden noch nicht genannt.

Im Jänner 1921 begann man sich dann wieder vermehrt auf das Vereinsgeschehen zu besinnen und so wurde am 16. Jänner dieses Jahres wiederum eine Generalversammlung abgehalten. Unter anderem wurde auch der Ausschuss neu gewählt – mit dem Ergebnis, dass sich die Frauenquote verdreifachte. Außerdem tauchen gegenüber der zuletzt angeführten Aufstellung aus dem Jahr 1914 mit ganz wenigen Ausnahmen neue Namen auf:

  • I. Vorstand: Paul Börner

  • II. Vorstand: Josef Tischler

  • I. Kassier: Josef Steinbacher

  • II. Kassier: Theresia Frank

  • I. Schriftführer: Johann Windhagauer

  • II. Schriftführer: Andreas Draxler

  • I. Vorplattler: Georg Traugott[4865]

  • Hornwart: Felix Windhagauer

  • I. Beisitzer: J. Kullnigg

  • II. Beisitzer: (Frau) R. Trautmann

  • Archivar: J. Steinbacher

  • I. Revisor: Franz Knoll

  • II. Revisor: Erna Schlemmer

Darauf folgt eine Zeit der relativ lückenhaften Aufzeichnungen. Erst die Ausschusssitzung vom 14. Februar 1924 bringt neue und interessante Informationen. So ist hier zum ersten Mal die Rede von einem Ball, des Weiteren von der Nominierung der Delegierten zum Verbandstag des Reichsverbandes. Der „Erste Österreichische Reichsverband für Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Erhaltungsvereine“ (1908–1939), in Salzburg gegründet, entwickelte sich zur Dachorganisation vieler Vereine und wurde tonangebend. Als Delegierte werden namentlich Tauber und Börner genannt. Im Zuge der Erstellung der Tagesordnung zur bevorstehenden Generalversammlung wird auch über eine Reisekasse diskutiert. Des Weiteren wird in einer kurzen und mit „Jahresbericht“ betitelten Zusammenstellung auch die Zahl der Mitglieder genannt: Aktive Mitglieder: männlich 10, weiblich 8; unterstützende Mitglieder: 6; Ehrenmitglieder: 4 – daraus ergibt sich eine Gesamtzahl von 28 Vereinsmitgliedern.

Zudem wurde bei der Generalversammlung, die nur drei Tage später stattfand, nach langem wieder einmal ein konkreter Kassenstand ausgewiesen – zum 1. Jänner 1924 waren das 366.278 Kronen, d. h. die Geldentwertung machte sich auch hier bemerkbar. Was es allerdings mit der zuvor schon angedeuteten und auch beschlossenen Reisekasse wirklich genau auf sich hatte, lässt sich dem Protokoll nicht entnehmen. Frau Resi Frank, „Reisekassier“, wurde jedoch insofern in die Pflicht genommen, dass die von ihr zu verwaltenden Gelder banksicher anzulegen sind und die Zinsen dem Verein zufallen.

Als Nachwirkung zur Generalversammlung wurde in der Ausschusssitzung vom 28. Februar 1924 noch die Änderung der Mitgliedsbeiträge und der Aufnahmegebühren beschlossen: männliche Mitglieder haben 4.000 Kronen, weibliche 3.000 Kronen im Monat zu bezahlen. Zusätzlich wird an jedem Vereinsabend von den Mitgliedern einmal Musikgeld eingesammelt (mindestens 1.000 Kronen), Gäste jedoch werden zweimal zur Kasse gebeten. Unterstützende Mitglieder haben 20.000 Kronen im Jahr zu entrichten, die Aufnahmegebühr beträgt 8.000 Kronen und die Einschreibegebühr 2.000 Kronen. Diese Zahlen lassen eigentlich nur den Schluss zu, dass der Verein sonst kaum Möglichkeiten hatte, zu einem Vermögen zu kommen, weil Zuschüsse der öffentlichen Hand einerseits nicht üblich und großherzige Spender andererseits nur sehr schwer zu finden waren. In der gleichen Sitzung wurde vom I. Vorstand Fritz Schwarzenlander ein Erinnerungsantrag gestellt, „alle neu eintretenden Mitglieder sollen es sich zur Ehrenpflicht machen, binnen kürzester Zeit die Vereinstracht, und zwar grüner Rock, Laberthutt [Anm.: gemeint ist wohl der Lamberghut] mit schneit Feder, kurze Lederhose mit passenden Strümpfen sich in ehester Zeit anzuschaffen.“ Es stellt sich hier unweigerlich die Frage, wie die Frauentracht des Vereines ausgesehen hat, aber darüber hat man leider nicht Buch geführt.

Die Entwicklung der Vereinstrachten und jene des Lamberghutes wurden von Alma Scope und Ulrike Kammerhofer-Aggermann dargestellt.[4866]

Dem einzigen, aus dem Jahr 1924 stammenden Protokoll ist noch ein Antrag des Vorplattlers zu entnehmen, der aber auf eine ziemlich militärische Führung schließen lässt: Es darf während des Plattelns nicht geredet werden, nur der Vorplattler hat das Wort und den Anordnungen des Vorplattlers ist unbedingt Folge zu leisten wegen raschester Erledigung der Plattlerschulung. Wer sich den Anordnungen nicht fügt, wird exemplarisch bestraft.

Dass man sich mit Gästen, die zu den jeweiligen Vereinsabenden kamen, aber auch Probleme einhandeln konnte, davon ist dann im Generalversammlungsprotokoll vom 22. Februar 1925 die Rede: Nur durch Mitglieder eingeführte Bekannte oder Verwandte werden zugelassen – für dieselben ist das Mitglied verantwortlich. Des Weiteren beantragte der Vorplattler Josef Tauber die Ausarbeitung eines Regulativs, dem zufolge empfindliche Strafen für jene vorgesehen werden, welche bei den volkstümlichen Tänzen den nötigen Ernst vermissen lassen.

Wenige Wochen später wurde die Besucherregelung auf Antrag sogar noch verschärft. Bei Unzulänglichkeiten erfolgte erstmalig eine Verwarnung, im Wiederholungsfalle konnte es sogar zum Ausschluss des einführenden Mitglieds kommen. Dazu wurden zwei Kontrolleure gewählt, denen das ausschließliche Recht über Zulassung oder Abweisung von Gästen eingeräumt wurde. In dieser besagten Sitzung wird auch Beschwerde geführt, dass der Tanzordnung gar nicht bzw. nicht ernsthaft genug gefolgt wird. Auch dazu wurden Strafbestimmungen finanzieller Art einstimmig beschlossen. Es musste also mit der Moral im Vereinsleben nicht zum Besten gestanden haben, denn sonst hätte man nicht so drastische Maßnahmen ergreifen müssen. Gleichzeitig weisen diese Regulative auf die starken nationalen Einflüsse aus dem Reichsverband hin, dessen Ideen später im Nationalsozialismus großen Einfluss hatten.

In der zweiten Jahreshälfte 1925 wird ersichtlich, dass von den Vereinsmitgliedern durchaus verlangt wurde, auf eigene Kosten den Verein zu vertreten: Zur Teilnahme als Delegierter am Reichsverbandstag in Graz musste Leo Pachinger auf eigene Kosten anreisen, der Verein trug nur die Kosten des Fahnenbandes.

Im November 1926 tauchte dann plötzlich die Diskussion darüber auf, den bisherigen Vereinsspruch „Gsund samma“ abzuändern. Der entsprechende Antrag erhielt aber keine Mehrheit – und es blieb alles beim Alten.

In dieser Zeit musste es im Verein bereits Bestrebungen und Vorbereitungen gegeben haben, den Glöcklerlauf in der Stadt einzuführen. Am 16. Jänner 1927 ist erstmalig die Rede davon, dass am 5. und 6. Jänner das „Aberseer Glöcklerlaufen“ veranstaltet worden ist. Josef Unrein (I. Vorstand) berichtete, dass man mit gewissem Neid dem steten Wachsen der Gaisberger zuschaue. Die Durchführung des Glöcklerlaufes musste sogar vom Reichsverband abgesegnet werden, weil es keine einmalige Angelegenheit bleiben sollte, sondern dieser Brauch auch in Zukunft aufgeführt werden sollte. „Wir haben es hergebracht und werden es weiterhin aufrechterhalten.“ Auch im Inventar hat das seinen Niederschlag gefunden, weil dort Hüte und Hosenträger angeführt werden mit dem Zusatz „beim Glöcklerlaufen verwendet“. Das Glöcklerlaufen verbreitete sich über den Reichsverband in dieser Zeit vom bisher einzigen Aufführungsort Ebensee in Oberösterreich über Salzburg und das Salzkammergut.

Ein weiterer Hinweis auf die Glöckler findet sich im Protokoll einen Tag später, weil da den mitwirkenden Mitgliedern vom Obmann gedankt wird; namentlich genannt werden aber im Besonderen drei Aberseer – Josef Weikinger, Sigmund Linortner und Hermann Schöppl.

Es musste im Verein wiederholt Reibereien gegeben haben, weil im September 1927 gleich mehrere Mitglieder auf einmal ausgeschlossen wurden. Es ist aber aus den Protokollen nicht ersichtlich, was die Gründe für diese Beschlüsse waren. Es wäre interessant zu wissen, ob diese Problematik auch in anderen Gruppierungen fast „an der Tagesordnung“ gewesen ist.

Am 16. November 1927 war eine Generalversammlung mit Neuwahl angesetzt; als Wahlleiter fungierten Leonhard Bachinger und Andreas Hintermaier. Gewählt wurden Josef Unrein und Vinzenz Bachinger als Vorstände, Andreas Hintermaier als I. Kassier (mit Bleistift eingetragen scheint seltsamerweise plötzlich auch wieder Josef Steinbacher auf, der allerdings dann im Herbst 1930 verstorben ist), Sebastian Lechenauer als Schriftführer, Leonhard Bachinger und Franz Oberegger als Vorplattler sowie Franz Baab als Archivar und Kirtagbuschenjunker.

Im Protokoll dieser Sitzung sind einige sehr befremdliche Äußerungen über die weiblichen Mitglieder enthalten. Eine soll hier zitiert werden: „… weil sich dadurch weibliche Mitglieder beseitigen, wenn sie nicht mehr kommandieren können und regieren im Verein.“ Es hat dazu keine (männliche) Gegenstimme gegeben. Dies wirft ein durchaus bezeichnendes Bild auf die Gesamtsituation im Verein selbst, aber es kann davon ausgegangen werden, dass es auch in anderen Vereinen ähnlich bunt und streitbar zugegangen ist. Heute, rund 80 Jahre später, würde man die zuvor angeführte Äußerung wohl nur als frauenfeindlich bezeichnen können.

Für 1928 wurde erneut der Glöcklerlauf geplant. Es wurde an alle appelliert, bald wieder mit dem Kappenmachen anzufangen, weil sie sehr viel Arbeit kosten. Der „Kaltenhauserkeller“ [Anm.: Gebäude nach dem Klausentor in Mülln – stadtauswärts linker Hand] war der Ort, wo gearbeitet wurde, weil man dort genügend Platz hatte.

Die Kappen, das Kennzeichen der Glöckler, bestehen aus Holzgerüsten, die mit bunten Papieren in figuralen Mustern überzogen werden. Diese großen Kappen, mit Kerzen von innen beleuchtet, tragen die Glöckler am Kopf. Offenbar kam der Glöcklerlauf über die „Gaisberger“ nach Salzburg. Heute führt das Glöcklerlaufen in der Stadt Salzburg die Brauchtumsgruppe „Jung Alpenland“ durch.[4867]

In der Lokalität Kaltenhauserkeller wurde am 9. November 1930 auch die Jahreshauptversammlung mit Neuwahl abgehalten. Als Wahlleiter fungierte ein Herr Hutter, seines Zeichens II. Reichsverbandsvorstand. Dabei wurde erstmalig die Funktion eines Fahnenjunkers mit Karl Steinhagen besetzt.

Im Mai des darauf folgenden Jahres (1931) wurde wegen verschiedener Umstände, die nicht näher erläutert wurden, das Vereinslokal in den „Schanzlkeller“ verlegt. Wiederum ein Jahr später war dann von einem „Gasthof Obereder“ [Anm.: Franz Obereder, Musikant und Gastwirt, gehörte in den engsten Kreis des Reichsverbandes und war der Wirt des Gasthofes „Mohren“ in der Judengasse 9, wo auch der Reichsverband sein Vereinslokal hatte] die Rede und 1933 war man dann im „Gasthof Mohren“. Im August 1933 berichtete Schriftführer Franz Oberegger kurz über eine Fahrt nach St. Gilgen zum Salzkammergut-Gauverbandsfest (24. Juli 1933) mit 17 Mitgliedern.

In den folgenden Jahren dürfte der Verein zwar recht aktiv gewesen sein, aber die Aufzeichnungen wurden eher spärlich und geben außer den üblichen Vorfällen und Geschehnissen keine Auskunft. Auch über doch politisch unruhige Zeiten findet sich nie ein Hinweis, bis mit 21. Jänner 1940 eine Lücke eintritt.

Vom Juni 1940 bis 2. Juni 1946 haben alle Aktivitäten geruht, da sämtliche Vereine während der NS-Zeit verboten waren. Dieser Tag wird aber im Protokoll als Gründungstag bezeichnet und von den wieder erschienenen Mitgliedern werden als freiwillige Spenden 120 Schillinge eingesammelt.

Am 23. Februar 1947 wurde im Vereinsheim „Straßerwirt“ (Leopoldskron) die Generalversammlung abgehalten, bei der auch aller Mitglieder gedacht wurde, die im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) ihr Leben lassen mussten. Durch die erforderliche Wahl scheinen sehr viele neue Namen auf: Franz Schiefer und Franz Stadler als Vorstände, Reni Ebner und Alfred Kammeringer als Kassiere, Hubert und Johanna Roider als Schriftführer, Franz Kammeringer und Edi Maiburger als Vorplattler sowie Anton Naglmaier und Erich Kurz als Beisitzer.

Im November 1948 ist erstmals wieder davon die Rede, am 5. Jänner des nächsten Jahres den Glöcklerlauf in der Stadt Salzburg durchzuführen. Im April 1949 wurde beschlossen, dass das Maibaumaufstellen wieder stattfinden soll; bisher war darüber noch in keinem einzigen Protokoll etwas vermerkt worden.

Glöcklerlauf

Bei genauerer Durchsicht der Protokollbücher ist ein an die Polizeidirektion Salzburg gerichtetes Schreiben, betreffend den Glöcklerlauf am 5. Jänner 1950, aufgetaucht. Es sind daraus zusätzliche Informationen zu diesem Brauch ersichtlich, weshalb dieser Brief hier weitestgehend zitiert werden soll; mit dem „8er“ ist ein Rundtanz in Kreisen und Achterschleifen gemeint:

„Obgenannter Verein veranstaltet am Donnerstag, 5. Jänner 1950, das sogenannte Aberseer Glöcklerlaufen. Der Weg des Laufens ist folgender: Ablauf vom Gasthof Ganshof, Maxglan, durch die Bayernstraße, Riedenburgerstraße, Neutor, Hofstallgasse, Domplatz (8er), Kapitel-Platz (8er), hinter dem Dom zum Mozartplatz (8er), vor Cafe Glockenspiel, Residenzplatz, Churfürstengasse in den Hof der Polizeidirektion (8er), von hier durch die Sigmund-Haffner-Gasse, Rathausplatz, Rathausbogen, Griesgasse, Franz-Josefs-Kai, Müllner Hauptstraße, Innsbrucker Bundesstraße, Maxglaner Hauptstraße, Schwedenstraße zurück zum Gasthof Ganshof. Ablauf: ca. 7 Uhr abends

Ende: ca. ½ 10 Uhr abends

Sollte an diesem Abend ein ausgesprochen schlechtes Wetter sein (starker Regen oder Schneefall), so findet das Laufen am Freitag, den 6. Jänner 1950, statt.

Um gütige Bewilligung ersuchen für die Vereinsleitung II. Vorstand I. Vorstand“

Der Anfang vom Ende

In den nun folgenden Jahren dürften die Gaisberger nicht unbeträchtliche Probleme gehabt haben – und zwar jeglicher Art, weil aus finanziellen Gründen und Schwierigkeiten mit den diversen Lokalitäten nur mehr einmal im Monat ein Vereinsabend abgehalten werden sollte. Dies lässt sich auch daraus ersehen, dass es fast nur mehr Niederschriften der jährlichen Generalversammlungen gibt, so vom 7. Jänner 1951 beim „Kreuzerwirt“ (am südlichen Ende des Leopoldskroner Weihers gegenüber der Gärtnerei Zmugg gelegen, um 1980 wurde dieser Gasthof aber stillgelegt und abgerissen).

Es war schon des Öfteren von den Spielleuten und ihren Instrumenten die Rede, aber im Mai 1952 hat man sich dazu durchgerungen, eine Ziehharmonika anzukaufen. Das Geld wurde vom Landesverband der Trachtenvereine vorgestreckt und war in sechs Monatsraten zurückzuzahlen.

Zuvor sind wiederholt Unstimmigkeiten im Mitgliederbereich erwähnt worden, aber ab 1952 hatte sich diese Problematik sogar in der Führung des Vereines ausgewirkt. Sowohl in der Generalversammlung vom 10. Februar 1952 als auch in einer außerordentlichen Versammlung am 31. August und am 1. Februar 1953 ist es jeweils zur Neubestellung des Vorstandes gekommen. Im Zuge dieser Versammlung wurde wieder einmal ein Wechsel des Vereinslokales beschlossen, da der Kreuzerwirt doch zu entlegen war. Nächstes Lokal war der „Schwarzwirt“ in Nonntal.

Im April 1953 war Matth. Rieder, stellvertretender Obmann des Landesverbandes der Trachtenvereine, bei einer Monatsversammlung anwesend, sprach vom Landesverbandsfest im August und ersuchte um tatkräftige Beteiligung (inklusive der Glöckler).

Am 15. Jänner 1956 waren bei der Hauptversammlung 22 Mitglieder anwesend. Unter anderem wurden acht neue Mitglieder aufgenommen; einige davon wurden sofort in den Vereinsausschuss gewählt, was den Schluss zulässt, dass eben die Gesamtzahl an Mitgliedern nicht sehr viel Spielraum bei der Besetzung der erforderlichen Funktionen erlaubt hat:

  • 1. Obmann: Wein Georg

  • 2. Obmann: Gstöttenbauer Hans

  • 1. Kassier: Gathy Karl

  • 2. Kassier: w.o.

  • 1. Schriftführer: Galler Hans

  • 2. Schriftf[ührer]: Schöppl Hermann

  • 1. Vorplattler: Wiedemann Adolf

  • 2. Vorpl[attler]: Schörghofer Sebastian

  • 1. Dirndlmutter: Aichriedler Paula

  • 2. Dirndlm[utter]: Gstöttenbauer Maly

  • Fähnrich: Kril Josef sen.

  • Hörndlwart: Kril Josef jun.

  • 1. Marketenderin: Plenk Trudi

  • 2. [Marketenderin]: Gathy Karla

  • Reisekassier: Gstöttenbauer Hans

  • Revisoren: Schöppl Hermann und Schörghofer Sebastian

Im gleichen Jahr befand der Verein, dass acht Mitglieder geehrt werden sollten. Allein der Kostenvoranschlag für die Urkunden samt Rahmen und Glas belief sich auf 650 Schilling – und das bei einem Gesamtvermögen von etwa 1.200 Schilling, also eine beträchtliche finanzielle Belastung. Nachdem bei der Feier (die zu Ehrenden gingen natürlich frei) auch alle anderen Mitglieder nicht zu kurz kommen sollten, bekamen die ‚Buam‘ neben dem Essen zwei Viertel Wein und die ‚Dirndln‘ Kaffee mit Kuchen zugesprochen. Veranschlagt wurden dafür pro Person 22 Schilling, allerdings musste jedes Mitglied 10 Schilling dazu selbst beisteuern.

Im darauf folgenden Jahr (1957) wurde einige Male über die betrunkenen Harmonikaspieler geschimpft und erwähnt, dass der Schriftführer zu einer Zusammenkunft nicht erschienen ist, „da er wieder einmal gesponnen hat. Folge dessen kann er auch über nichts keinen Bericht zusammenstellen.“ [Anm.: Wenn das so im Original zitiert wird, soll damit keinesfalls der Verein diskreditiert werden, aber die Originalaufzeichnungen lauten nun einmal so.] Allerdings musste 1957 der Verein zwei herbe Überraschungen einstecken: Im Juni standen die Gaisberger ohne Vorwarnung auf der Straße, weil der Herbergsgeber nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte. Die andere unangenehme Erfahrung bestand darin, dass plötzlich die Vereinskasse Not leidend geworden ist. Mit Unterstützung des Landesverbandes konnte diese leidige Angelegenheit aber kurzfristig behoben werden und damit war auch die Rückkehr in die ursprüngliche Herberge wieder möglich.

Im Jänner 1958 wurde die Jahreshauptversammlung im „Gasthaus Schlossberg“ im Stadtteil Gnigl abgehalten, in deren Verlauf wohl dem Kassabericht die größten Erwartungen entgegengebracht wurden. Dem (neuen) 1. Kassier Fanny Schöppl und dem Kassaprüfer Hermann Schöppl war es dem Vernehmen nach gelungen, die zuvor angesprochenen Unannehmlichkeiten zu bereinigen und einen Kassenstand von Schilling 1.348,08 zu präsentieren. Die Belohnung war ein „frenetischer Beifallssturm“ und der einmütige Dank aller anwesenden Mitglieder. Im November war die Fähnrichstelle neu zu besetzen – Bertl Bogensberger übernahm diese Funktion. Des Weiteren ging es um die Kosten, wenn die mehrköpfige Fahnenabordnung des Vereines anzutreten hat, denn man kam zur allgemeinen Ansicht, dass die dann immer anfallende Verköstigung dem Verein zu teuer komme. Ab dann bekam daher nur mehr der Fähnrich oder der jeweilige Fahnenträger von der Vereinskasse einen Liter Bier spendiert.

Im abschließenden Jahresbericht wurde es als Selbstverständlichkeit dargestellt, dass der Verein beim 50-jährigen Gründungsfest des 1. Österreichischen Reichsverbandes mitgewirkt hat, da die Gaisberger schon im Jahre 1908 anlässlich der Gründung des Verbandes aktiv beteiligt gewesen waren.

Bereits gegen Ende des Jahres 1959, aber vor allem dann 1960 begann man über die Durchführung des 70-jährigen Bestandsfestes des Vereines, das für 1961 anstand, Gedanken zu machen. Im März 1960 wurde dazu ein Festausschuss aufgestellt, dem folgende Mitglieder angehörten: Edi Maiburger, Hans Gstöttenbauer, Matthäus Rieder, Hans Galler, Alfred Seidl, Josef Lebernegg, Josef Weikinger, Hermann Schöppl und Georg Reiter. Dieser Ausschuss wurde wenig später noch um drei weibliche Mitglieder ergänzt, weil sich diese – wahrscheinlich zu Recht – nicht repräsentativ vertreten gefühlt haben: Nominiert wurden Lisi Haider, Christl Oberegger und Alma Gstöttenbauer.

Es mutet jedoch seltsam an, dass in den Folgemonaten in keinem Protokoll einer Monatsversammlung etwas darüber festgehalten ist, wie die Vorbereitungen zum bevorstehenden Jubiläum stehen. Entweder hat der Festausschuss so im Geheimen gearbeitet oder vielleicht eigene Aufzeichnungen geführt, aber dass in keinem der Protokolle, die sonst jede Kleinigkeit enthalten, dieses Fest erwähnt wird, ist fast schon mysteriös. So verging das Jahr 1961 und nicht einmal im Protokoll der Generalversammlung vom 28. Jänner 1962 im Gasthaus „Hochleitner“ in Parsch war die Rede vom Jubiläum.

In der Monatsversammlung vom Oktober 1961 wurde erneut über die Musiker diskutiert. Dazu wurde festgehalten, dass mit ihnen eine Vereinbarung getroffen werden konnte und außerdem ein Mann seinen Vertrag mit dem Verein um weitere zwei Jahre verlängert hat [Anm.: … und noch viele Jahre als Meister der diatonischen Harmonika und Lehrer dieses Instrumentes in Stadt und Land Salzburg tätig war] – Franz Rieser (†2004).

Am 5. Jänner 1963 ist wiederum der Glöcklerlauf durchgeführt worden. Bei der kurz darauf beim „Kirchenwirt“ in Gnigl abgehaltenen Generalversammlung wurde erstmalig erwähnt, dass dabei insgesamt Schilling 2.200.– eingesammelt werden konnten – für damalige Verhältnisse ein fürstlicher Betrag, der natürlich auch die Vereinskasse dementsprechend aufgefettet hat.

Im Oktober 1964 ist zu lesen, dass es schon verschiedene Vorgespräche zum 75-jährigen Jubiläum (1966) gegeben hat, das dann mit einer Fahnenweihe verbunden werden soll.

Immer wieder aber wurde in allen möglichen Zusammenhängen erwähnt, dass einmal der und dann wieder ein anderer den Beleidigten gespielt hat und damit das Vereinsleben ziemlich maßgeblich beeinträchtigte – bei der nach wie vor nicht allzu großen Zahl an Mitgliedern mit Sicherheit ein Problem, das einfach nicht aus der Welt zu schaffen war und in weiterer Folge wahrscheinlich auch mit ein Grund war, warum der Verein so sang- und klanglos von der Bühne des „Salzburger Brauchtums“ verschwunden ist.

Das bevorstehende Fest am 4. September 1966 hat man jedoch mit ziemlichem Ernst geplant, was auch im Protokollbuch seinen Niederschlag gefunden hat. Im Juni 1966 kann man dazu Folgendes lesen:

„Die Aufstellung zum Festgottesdienst erfolgt um 8 Uhr in der Fadingerstraße, vom Gasthof Eder an. Um 9 Uhr findet in der Stadtpfarrkirche in Parsch die Festmesse statt. Um 10.15 Uhr erfolgt die Aufstellung zum Festzug, dessen Weg von der Fadingerstraße aus durch die Eberhard Fugger-Straße, Fürbergstraße, Eichstraße und Kühbergstraße ins Vereinsheim führt. Um 11.30 Uhr Festansprache und anschließend die Verteilung der Erinnerungsbänder. Zur Erlangung eines Erinnerungsbandes sind 25 Festabzeichen erforderlich, deren Preis S 6.– pro Stück kostet. Die Festkanzlei wird von Obmann-Stellvertreter Hans Gstöttenbauer und dem 2. Kassier Franz Bernardi geführt. Um 14 Uhr ist dann das Festkonzert und dazwischen werden auch die Ehrentänze durchgeführt. Als Patenverein wird unser Bruderverein Hoamatland fungieren.“

Mit Datum 9. Oktober 1966 ist zu lesen, dass man allgemein mit dem Ablauf des Festes durchaus zufrieden war und dass dieses dementsprechende Anerkennung gefunden hat. Die neue Fahne und auch die neuen Dirndltrachten bleiben wie bisher bei der Familie Seidl in Verwahrung.

Aber vereinzelte, schon erwähnte Probleme mit verschiedenen Mitgliedern blieben nicht aus und so musste im Dezember 1966 beschlossen werden, den bevorstehenden Glöcklerlauf abzusagen. Im April 1967 ging die diesbezügliche Diskussion weiter: „… da wir selbst nicht mehr in der Lage sind, den Glöcklerlauf durchzuführen, und so wurde uns der Vorschlag gemacht, die Glöcklerkappen einem anderen Verein zum Preis von S 5.000.– zu überlassen. Ein endgültiger Beschluß darüber wurde noch nicht gefasst.“ Im Juli wurde dann ein Vorschlag erwähnt, die Glöcklerkappen zu treuen Händen dem Gauverband Salzburg-Stadt zu überlassen. Im November gab es in diesem Zusammenhang eine längere Debatte über J. W. Laut einer Zuschrift von H. W. behauptete J. W. sogar, dass die Glöcklerkappen ihm gehörten und er das alleinige Verfügungsrecht darüber hätte.

1968 fehlen fast alle Aufzeichnungen oder aber es hat im Verein keine nennenswerten Aktivitäten mehr gegeben. Für die Jahre 1969 und 1970 ist Ähnliches zu vermelden. Die letzte existierende Eintragung im Protokollbuch betrifft die Jahreshauptversammlung am 27. Jänner 1971 im „Gasthof Hochleitner“ in Parsch (15.45 Uhr). In Anwesenheit von 20 Mitgliedern eröffnete der 1. Obmann Georg Reiter die Versammlung. Die sechs angeführten Tagesordnungspunkte lassen auf keine außergewöhnlichen Umstände schließen:

„Der Jahresbericht wurde kurz gefasst und die teilweise gute Zusammenarbeit (!) einzelner Mitglieder lobend erwähnt. Dem Vereinskassier Alfred Seidl wurde für seine gute Arbeit gedankt und von den Kassenkontrolloren die Entlastung ausgesprochen. Bei der Neuwahl des Vereinsausschusses gab es keine Änderung:

1. Obmann: Georg Reiter
2. Obmann: Herbert Berger
1. Kassier: Alfred Seidl
2. Kassier: Rosi Seidl
1. Schriftf
[ührer]: Franz Bernardi
2. Schriftf
[ührer]: Georg Reiter
1. Fähnrich: Herbert Berger
2. Fähnrich: Georg Reiter
1. Dirndlmutter: Lisi Haider
2. Dirndlm
[utter]: Maria Lebernegg
1. Marketend
[erin]: Rosi Seidl
2. Marketend
[erin]: Erna Wein
1. Hörndlwart: Alfred Seidl
2. Hörndlw
[art]: Georg Reiter
1. Kontrollor: Joh. Gstöttenbauer
2. Kontrollor: Franz Bernardi
1. Archivar: Georg Reiter

Im Punkt Allgemeines wurde über vieles im Vereinswesen gesprochen, so auch unter anderem von einzelnen Mitgliedern wegen Ausbleiben in den Vereinsabenden. Über unseren alljährlichen Maskenrummel am Faschingsamstag wurde einiges gesprochen. Auch über den Vereinsausflug und Trachtenfeste wurde diskutiert. Obmann Georg Reiter schloß die Jahreshauptversammlung um 18 Uhr mit dem Vereinsgruß ‚Gsund sa ma‘.“

Alleine schon der Umstand, dass ein Mann fünf Funktionen ausübte und zwei andere je zwei, lässt keinen anderen Schluss mehr zu als den, dass entweder die Überalterung der Mitglieder oder fehlende personelle Zugänge dazu führen mussten, dass nach genau 80 Jahren der Verein „D’ Gaisberger“ einfach zu existieren aufhörte und aus der Brauchtumslandschaft der Landeshauptstadt verschwand. Im Vergleich mit dem Niedergang der Alpinia zur selben Zeit sei auf die Veränderung der Lebens- und Freizeitbedürfnisse sowie auf die veränderten Erwartungshaltungen an Vereine in jener Zeit verwiesen, wie es Daiva Döring ausgeführt hat.[4868] Es gibt zwar keinen definitiven Nachweis dafür, aber die zuvor angesprochene Überalterung der Mitglieder dürfte im Bezug auf die daher fehlenden Vereinsaktivitäten jeglicher Art das auslösende Moment gewesen sein, dass der Verein von amtlicher Seite aufgelöst wurde.



[4860] Siehe Kammerhofer-Aggermann, Ulrike: Die Anfänge der Salzburger Heimatwerks- und Heimatpflegeidee. In: Haas, Walburga (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 8). Salzburg 1996, S. 81–120.

[4861] Die Bezeichnung „Vorplattler“ weist auf die Beeinflussung durch die Bayerischen Schuhplattler-Vereine hin, die in jener Zeit typisch für die Entstehung und Ausrichtung von Trachtenvereinen sind.

[4862] Siehe Kammerhofer-Aggermann, Ulrike: Die Anfänge der Salzburger Heimatwerks- und Heimatpflegeidee. In: Haas, Walburga (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 8). Salzburg 1996, S. 83 und S. 90.

[4863] Döring, Daiva: Die Salzburger „Alpinia“ – noch immer eine intermediäre Institution? In: Kammerhofer-Aggermann, Ulrike (Hg.): Ehrenamt und Leidenschaft. Vereine als gesellschaftliche Faktoren. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 12). Salzburg 2002, S. 201–208. – Haas, Hanns: Zu den Anfängen der Salzburger Brauchtumspflege. In: Salzburger Landesfest 1990. Salzburg 1990, S. 9–25.

[4864] Kammerhofer-Aggermann, Ulrike: „Reisen war kein Vergnügen!“ Vom Reisen der „kleinen Leute“ am Ende der Ständegesellschaft. Impulsreferat für Sommerakademie Volkskultur, Altmünster, August 1994. In: Deutsch, Walter; Maria Walcher u. a. (Hg.): Weg und Raum. Sommerakademie Volkskultur 1994. Wien 1995, S. 94–110.

[4865] Georg Traugott begründete später mit seiner Frau die Trachtenfirma Beuerle.

[4866] Scope, Alma: Das Henndorfer Dirndl. Zur Entstehung eines Mythos. In: Kammerhofer-Aggermann, Ulrike; Alma Scope; Walburga Haas (Hg.): Trachten nicht für jedermann? Heimatideologie und Festspieltourismus dargestellt am Kleidungsverhalten in Salzburg zwischen 1920 und 1938. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 6). Salzburg 1993, S. 83–132.– Kammerhofer-Aggermann, Ulrike: Der Lamberghut oder die Schaffung von Tradition und Echtheit. In: Kammerhofer-Aggermann, Ulrike; Alma Scope; Walburga Haas (Hg.): Trachten nicht für jedermann? Heimatideologie und Festspieltourismus dargestellt am Kleidungsverhalten in Salzburg zwischen 1920 und 1938. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 6). Salzburg 1993, S. 51–82.

[4867] Vgl. zu den „Glöcklern“ den Beitrag des Autors in: Im Winter und zur Weihnachtszeit (= Bräuche im Salzburger Land. Zeitgeist – Lebenskonzepte – Rituale – Trends – Alternativen. CD-ROM 2) Hrsg. v. Lucia Luidold und Ulrike Kammerhofer-Aggermann, Redaktion: Melanie Lanterdinger. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde 13) Salzburg 2002.

[4868] Döring, Daiva: Die Salzburger „Alpinia“ – noch immer eine intermediäre Institution? In: Kammerhofer-Aggermann, Ulrike (Hg.): Ehrenamt und Leidenschaft. Vereine als gesellschaftliche Faktoren. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 12). Salzburg 2002, S. 201–208.

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