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Lärm im Alltag (Angelika Ingram)

Die Fragen wurden schriftlich, am 27. Mai 2003, von Ulrike Kammerhofer-Aggermann an Frau Ing. Angelika Ingram, Sachbearbeiterin für Immissionsschutz/Lärm beim Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung 16 – Umweltschutz gestellt.

Frau Ingram, „Lärmschutz“ gehört zu Ihrem täglichen Berufsalltag. Ihre Aufgabe ist es, Lärmschutzmaßnahmen vorbeugend im Bereich der Raumordnung einzubringen und im Zuge der Schienenlärm-Bestandsstreckensanierung das Land Salzburg zu vertreten. Lärm gehört auch zu unserem Alltag. Wie ist Lärm zu definieren?

Lärm ist definiert als unerwünschter, störender, belästigender und gegebenenfalls schädigender Schall. Er wirkt direkt und indirekt auf die menschliche Gesundheit. Eine Gewöhnung an Lärm gibt es – laut Auskunft der Mediziner – nicht, auch wenn einige Menschen das glauben. Lärm stört und belastet. In Österreich sind rund 14 Prozent der Bevölkerung durch Lärm stark oder sehr stark gestört, insbesondere durch Straßenverkehr. Die gesundheitliche Auswirkung von Umweltlärm wird jedoch nach wie vor unterschätzt.

Unter den direkten Wirkungen werden Effekte auf das Hörorgan verstanden, die zu spezifischen, lärmbedingten Gehörschädigungen führen können. Dazu gehören Innenohrschwerhörigkeit nach Dauerlärm von 85 dB(A) oder durch kurzzeitige hohe Exposition. In der Umwelt kommen derartige Pegel kaum vor. Am Arbeitsplatz und in der Freizeit können derart hohe Pegel bzw. Pegelspitzen jedoch auftreten (Diskotheken, Open-Air-Konzerte, Schießplätze, stundenlanges Hören zu lauter Musik).

Weiter verbreitet sind vor allem die indirekten (so genannten extraauralen) Wirkungen, bei denen neben dem objektiv messbaren Schallpegel die subjektive Empfindung „Lärm“ eine wesentliche Bedeutung hat. Hier spielen nicht nur Schallpegel, Frequenz und Dauer der Schalleinwirkung eine Rolle, sondern auch persönliche und situative Faktoren wie Kontrollierbarkeit, Voraussagbarkeit, Einstellung zur Lärmquelle, Aktivität zur Zeit der Schalleinwirkung und Tageszeit. Beispielsweise sind Motorsport-Anhänger vom Motorenlärm begeistert, während Anrainer, die dem Lärm gegen ihren Willen ausgesetzt sind, verärgert reagieren. In weiterer Folge sind auch psychische und soziale Funktionen – wie z. B. Störungen der Konzentrationsfähigkeit und der sprachlichen Kommunikation – betroffen und können zu höherer Aggressionsbereitschaft führen. Bei Kindern werden Lernschwierigkeiten beobachtet.

Bei langer Einwirkung von Lärm kann es zu vegetativen Regulationsstörungen kommen, z. B. einem Anstieg des Blutdrucks, der als wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt, oder zu Erhöhungen von Stresshormonen, wenn der Schallpegel im Bereich von 60 dB(A) oder darüber liegt.

Das Leben an lauten Straßen ist daher nicht nur unangenehm und lästig, sondern auch mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden. Daten aus umfangreichen Untersuchungen lassen ungefähr eine 20-prozentige Erhöhung des Herzinfarktrisikos für Menschen erwarten, die dauerhaft einem Verkehrslärm (tagsüber im Freien vor dem Fenster) von über 65 dB(A) ausgesetzt sind.

Unser Gehör ist als Warnsystem ständig auf Empfang geschaltet. Deshalb können auch während des Schlafs lärmbedingte Stressreaktionen ablaufen. Es kommt zu einer Verkürzung des Tiefschlafs, der für die körperliche Erholung notwendig ist, und des REM-Schlafs (Traumschlaf) sowie zu einer Verlängerung des Leichtschlafs. Auch Hormonkonzentrationen steigen an. Zu den Folgen langzeitig erhöhter Cortisolwerte gehören Cholesterinerhöhungen, Arteriosklerose und Beeinträchtigungen des Immunsystems.

Verkehr verursacht die größte Lärmbelastung in Österreich. Durch die intensiven Lärmschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre konnte ein weiterer Anstieg der Verkehrslärmbelastung verhindert werden. Da jedoch alle Verkehrsprognosen einen deutlichen Anstieg des Verkehrs vorhersagen, wird der Verkehrslärm zunehmend ansteigen, wenn nicht weitere Maßnahmen zur Lärmminderung gesetzt werden. Von den verschiedenen Verkehrsträgern wird der größte Lärmanteil durch Straßenverkehr hervorgerufen. Flugverkehr ist in den vergangenen 15 Jahren deutlich leiser geworden und ist nur ein lokales Problem in der Nähe von Flughäfen.

Gibt es so etwas wie persönlichen Lärmschutz? Wie kann man ihn selbst vermeiden? Ich denke da sowohl an Radioberieselung und klingelnde Handys im Bus als auch an Wohnungen neben Autobahnen und tägliche Wege durch Hauptverkehrsadern.

Vor einem Wohnungs- oder Grundstückskauf sollte man die Lärmsituation hinterfragen. Kataster liegen beim Amt der Salzburger Landesregierung auf: Referat 16/02, Tel. 0662/8042–4592. Im Internet kann man sich unter https://www.salzburg.gv.at/themen/umwelt/laerm; Bereich „Lärm“ informieren.

Da Verkehrslärm der Hauptverursacher ist, ist eine mögliche Eigeninitiative der Kauf von lärmarmen Autoreifen. Reifen mit einem Vorbeifahrtsgeräusch von maximal 72 dB(A) können mit dem Umweltgütesiegel „Blauen Engel“ ausgezeichnet werden. Reifen, die diese Grenzwerte einhalten, werden für alle Reifenbreiten produziert. Würden alle Autobenützer um 1,5 dB(A) leisere Reifen verwenden, so würde im Autobahnabschnitt Salzburg–Hallein die Verkehrssteigerung der nächsten zehn Jahre zu keinem Lärmanstieg führen – trotz 40-prozentiger Verkehrszunahme.

Natürlich ist auch die Fahrweise („Gleiten statt Hetzen“, Geschwindigkeitsbeschränkungen einhalten) und die Verkehrsmittelwahl (Fuß, Rad, öffentliche Verkehrsmittel) entscheidend. Auch „Kleinigkeiten“ können etwas beitragen, daher einige Gedankenanstöße dazu:

Welche Lärmschutzmaßnahmen sind aus Sicht der Gebietskörperschaften möglich und notwendig? Inwiefern können Lärm-Präventionen ergriffen werden?

Im Bundesland Salzburg werden an Autobahnen, Landesstraßen „B“ (ehemalige Bundesstraßen) und „L“ Lärmschutzmaßnahmen realisiert. Ziel ist die Einhaltung der Grenzwerte der „Dienstanweisung Lärmschutz“ von 60 dB(A) tags und 50  B(A) nachts. Dabei werden vor allem Lärmschutzwände und Lärmschutzfenster (inklusive schallgedämmter Lüfter) angewendet. Einhausungen, wie z. B. der Umweltschutztunnel in Liefering, sind aus Kostengründen nur bei sehr hoher Lärmbelastung und vielen Betroffenen wirtschaftlich zu vertreten.

Im Bereich der Schienenbestandsstrecken ist die Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen von der Bereitschaft der jeweiligen Gemeinde abhängig. In Salzburg wurden bisher 20 Millionen Euro investiert, wovon das Land ein Viertel (also fünf Millionen Euro) finanziert hat, die jeweilige Gemeinde ein weiteres Viertel und der Bund (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) die Hälfte. Vertraglich vereinbart sind in Salzburg Maßnahmen in Höhe von 59 Millionen Euro, österreichweit in Höhe von 268 Millionen Euro. Das bedeutet, dass jeder fünfte Euro der Bahnlärmsanierung nach Salzburg fließt.

41.000 Salzburgerinnen und Salzburger sind vom Bahnlärm betroffen. Für 33.500 von ihnen kam es schon zu Planungen. Für 32.900 sind die Planungen schon abgeschlossen und die Finanzierung der Bauten sichergestellt bzw. die Bauten begonnen oder abgeschlossen. Für 14.800 sind die Lärmschutzwände bereits fertig. Im Land Salzburg wurden bisher 35 Kilometer Lärmschutzwände errichtet, von 556 eingegangenen Lärmschutzfensteranträgen wurden 463 erledigt. Durch die Lärmschutzwände kann (je nach örtlichen Gegebenheiten) eine Lärmreduzierung um bis zu 15 dB(A) Beurteilungspegel erreicht werden. Wird damit der Grenzwert von 55 dB(A) nicht eingehalten, ist zusätzlich eine Fensterförderung möglich.

Handlungsbedarf besteht in der Raumordnung. Planungsentscheidungen in den Bereichen Flächennutzung und Verkehr werden zunehmend von Umweltaspekten wie Luftverschmutzung und Lärmbelästigung bestimmt. Wer dem Vorsorgeprinzip Rechnung tragen will, muss bei der Raumplanung ansetzen. Mit einer Neuauflage der Richtlinie „Immissionsschutz in der Raumordnung“ des Landes Salzburg werden sämtliche aktuellen gesetzlichen Bestimmungen, technische Normen und vor allem die Raumplanungs-Erfahrungen der Vergangenheit wiedergegeben und diese dient somit als konkrete Planungsgrundlage für die Gemeinden. Diese Richtlinie ist ebenfalls im Internet abrufbar.

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