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Bildung und Erziehung (Winfried Januschewsky)

Das Gespräch mit HR Schuldirektor i. R. Prof. Mag. Winfried Januschewsky wurde am 17. Mai 2004 von Ulrike Kammerhofer-Aggermann geführt.

HR Schuldirektor i. R. Prof. Mag. Winfried Januschewsky war Träger des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich und des Silbernen Ehrenzeichens des Landes Salzburg. Er hat sich bis zu seinem Lebensende unermüdlich für das Projekt „Schüler helfen Schülern“, für das Bundesgymnasium und Europagymnasium Nonntal engagiert. Hofrat Januschewsky ist am 29. Mai 2004 überraschend im 61. Lebensjahr verstorben. Wir gedenken seiner mit Respekt und Bewunderung.

Herr Hofrat Januschewsky, Sie haben am Bundesgymnasium Nonntal einen speziellen Zug „Europagymnasium“ begründet, der für Österreich vorbildlich wurde. Die gesamte Schule bemüht sich im Unterricht, bei Projekten und auch bei Schulfesten, den Europagedanken lebendig zu vermitteln. Welche sind Ihre Prioritäten bei der Ausbildung von Jugendlichen zu mündigen Europäern?

Der Ausgangspunkt war das Bestreben, ein möglichst breites Spektrum an Fremdsprachen den SchülerInnen vermitteln zu können. Es hat sich gezeigt, dass eines der entscheidenden Kriterien die Vermittlung von Fremdsprachen, die Nutzung von Fremdsprachen ist. Das war der eine Gesichtspunkt. Der zweite Gesichtspunkt war, dass wir auch versucht haben, in verschiedenen anderen Bereichen neue methodische und didaktische Wege zu gehen. Vor allem – sicherlich auch durch eine Mehrbelastung durch die vermehrten Sprachen – zu erreichen, dass SchülerInnen mit der Zeit rationeller umgehen lernen, dass sie lernen, teambewusst zu arbeiten, in der Gruppe zu arbeiten, freie Lernphasen zu nützen und vor allem auch zu erkennen, wie man zu Wissen gelangt, wie man das Internet heranzieht. Dinge, die in der Zwischenzeit doch auch in breiterer Basis an anderen Schulen gelehrt werden, wo wir aber durch die Begründung des Europagymnasiums eine Vorreiterrolle gehabt haben.

In dieses Spektrum hinein passt auch die besondere Nutzung des Computers. Wir wollen jetzt hier nicht erreichen, dass wir Programmierer und besondere Spezialisten unterrichten, sondern, dass unsere SchülerInnen wissen, wie man mit dem Computer umgeht, wie man ihn nutzt und wie man ihn zeitgemäß verwendet. An dieser Schule waren wir etwa die ersten, die die digitale Bildbearbeitung eingeführt haben, – seinerzeit als jeder noch gelacht und gesagt hat: „Das ist überzogen, das ist nur eine Sache für Spezialisten!“.

Und dann gibt es noch einen ganz entscheidenden Punkt, das ist das Verhalten, sich präsentieren zu können. Wir haben neben dem Gegenstand Lerntechnik am Anfang des Europagymnasiums, wo diese Lernvorgänge durch Praxis vermittelt werden sollen, in der sechsten Klasse einen Gegenstand „Rhetorik“ eingeführt. Hier sollen die Schüler erkennen, welche Grundzüge bei Argumentationen, bei Präsentationen, bei Reden usw. gelten, wie man argumentiert. Und wir haben das auch – wie es in den Managementlehrgängen üblich ist – mit Aufzeichnungen, mit Eigenbeobachtungen usw. unterstützt.

Und ein letzter Punkt, der uns ebenso sehr, sehr wichtig erscheint, ist die Möglichkeit, eine möglichst breite Allgemeinbildung zu bekommen. Wir haben Angebote, die, je nach Interesse, vom künstlerischen Bereich bis hinein in die naturwissenschaftlichen Bereiche gewählt werden können. Und das Ganze schließt sich irgendwo in einer Klammer zum Europagymnasium. Es ist uns wichtig, dass unsere SchülerInnen ein kulturelles Verständnis für die europäischen Staaten entwickeln, dass sie sehen, wie die Wirtschaft zusammenhängt und wir wollen Jugendliche in diesen Staaten zusammenführen. Wir haben praktisch eine durch Partnerschulen fast flächendeckende Schülertauschaktion, Sprachaustauschaktionen mit entsprechenden Europrojekten usw. usw. Also das erscheint uns als ein ganz wesentlicher Punkt.

Während Fachwissen heute einen hohen Stellenwert in der öffentlichen Meinung besitzt, ist der humanistische Bildungsbegriff weithin in Verruf geraten. Auch das Wort „Erziehung“ gilt heute vielfach als suspekt. Wie verstehen Sie Ihre Aufgabe der Ausbildung und Begleitung von Jugendlichen zu mündigen BürgerInnen?

Eine Anhäufung von Fachwissen kann nicht der Weg sein, um jemanden zu erziehen und entsprechend dem Leben zu übergeben. Dazu gehört mehr, dazu gehört gegenseitiges Verständnis, Leben in einer Gemeinschaft, Verständnis für andere in der Gemeinschaft zu haben, zu helfen. Das war ein ganz entscheidender Weg, den wir gegangen sind. Wir haben eine ganze Reihe von Gemeinschaftsveranstaltungen in unserem Schulprogramm. Projekttage, um auch Österreich kennen zu lernen, speziell in den ersten beiden Jahren – z. B. Kärnten, Salzburg, den Nationalpark Hohe Tauern – wo nicht nur die Heimat näher gebracht werden soll, sondern auch durch das Zusammenleben eine Gemeinschaft geschweißt werden soll.

Und Erziehung und Bildung, das sind zwei Parameter, die man nicht voneinander trennen kann. Auch Bildung ist eine Art der Erziehung und durch Erziehung erlangt man ein gewisses Maß an Bildung. Nur das, was heute in der Gesellschaft versucht wird, nämlich alle Probleme der Erziehung der Schule zu übertragen, das wird nicht gehen und das kann nicht gehen. Die Schule kann dem Elternhaus Hilfestellung geben, sie kann mit dem Elternhaus zusammenarbeiten, sie kann aber nicht ein Elternhaus ersetzen.

Wir haben dafür, gerade für diese Problematik, an der Schule eine ganze Reihe von Vorfeldorganisationen geschaffen. Wir waren die ersten, die ganz gravierend die Suchtprävention wirklich gelebt haben, die den Weg gegangen sind, dass SchülerInnen mit SchülerInnen über diese Probleme sprechen – was einen ganz anderen Zugang ermöglicht. Wir haben den Arbeitskreis gegen Sucht gebildet, wo Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen gemeinsam an diesen Projekten arbeiten. Dann Ausbildungsseminare für MultiplikatorInnen, damit diese SchülerInnen in den anderen Klassen mit ihren KameradInnen hier Gespräche führen können. Und letzten Endes war dieses gesamte System – und auch das ist ein System der Erziehung und der Bildung – vorbildhaft für Bundesprojekte, wie sie jetzt in ganz Österreich gemacht werden.

Was möchten Sie heute den jungen Menschen für das 21. Jahrhundert mitgeben?

Vor allem einmal eine positive Lebenseinstellung. Wir leben in einer Zeit – und gerade in Österreich ist dies besonders ausgeprägt – wo der Glaube an die Zukunft, sicher auch durch derzeitige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Tendenzen, nicht sehr groß geschrieben wird. Die Jugend darf den Glauben an die Zukunft nicht verlieren. Die Jugend muss erkennen, dass nach wie vor Leistung und Wissen die entscheidende Basis für die Bewältigung der Zukunft sein werden. Ich glaube, das ist einer der ganz wesentlichen Faktoren, die man der Jugend heute mitgeben muss.

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